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News vom Steinengraben

gefunden auf BZ:

Mieter am Steinengraben verlangen klare Antworten: «Uns steht das Wasser bis zum Hals»

Nach den Abstimmungsergebnissen vom 10. Juni erwarten die Mieter vom Steinengraben 30 bis 36 klare Ansagen. Ebenso soll der Kanton die Häuser der Eigentümerfirma abkaufen.

Der Mieterstreit am Steinengraben 30 bis 36 ist noch nicht beigelegt. «Uns steht das Wasser bis zum Hals», schreiben die Bewohner nun in einem offenen Brief an die Eigentümerfirma Helvetia.

Die Mieter, gestärkt durch die Abstimmungsergebnisse vom 10. Juni, fordern eine klare Ansage, wie es am Steinengraben weitergeht. Sie wünschen sich, dass Helvetia stärker auf die Bedürfnisse der Basler Wohnbevölkerung eingeht. Ebenso fordern sie den Kanton erneut dazu auf, die Häuser Helvetia abzukaufen. Diese sollen künftig in einer neuen Genossenschaft verwaltet werden.

Gerichtsentscheid steht aus

Die Regierung zog einen Kauf der Häuser bereits Anfang 2017 in Betracht. In einem Regierungsratsbeschluss von Ende Februar heisst es, Immobilien Basel Stadt habe mit Helvetia über einen Kauf gesprochen. Die Firma hatte damals noch kein Interesse an einem Verkauf, hält sich die Option aber noch offen, falls ihr Bauvorhaben vom Bundesgericht abgelehnt wird.

Die Versicherungsgruppe wollte die in den 1870er Jahren erbauten Häuser durch einen modernen Büro-Wohnungs-Komplex ersetzen. Das Basler Appellationsgericht wies im September 2017 mehrere Rekurse ab und bewilligte den Abriss. Die Bewohner zogen ihre Beschwerde gemeinsam mit dem Mieterverband vor Bundesgericht, wo sie zurzeit noch bearbeitet wird. Bis zum Entscheid darf Helvetia die Gebäude nicht abreissen und den aktuellen Mietern nicht kündigen.

Bundesgericht stoppt vorerst Abriss am Steinengraben

via Tageswoche:

Gnadenfrist für Steinengraben-Häuser

Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde der Mieter am Steinengraben ein. Das bedeutet, dass bis zu einem Entscheid die Häuser nicht abgerissen werden dürfen.

Das Mediencommuniqué klingt, als hätten die Beschwerdeführer den Krieg gewonnen, dabei haben sie eher die Erlaubnis erhalten, zur Schlacht anzutreten. Den Grund zur Freude liefert das Bundesgericht: Weil es auf die Beschwerde der Mieter der Steinengraben-Häuser eingeht, kommt das Projekt erneut zum Stillstand. Ansonsten würde «das Prozessergebnis weitgehend vorweggenommen», zitiert der Mieterverband das Bundesgericht.

Erst im September hatte das Verwaltungsratsgericht alle Beschwerden des Verbandes zurückgewiesen. Beim Projekt will die Helvetia die Wohngebäude aus dem Jahr 1870 abreissen und an deren Stelle Bürogebäude, Penthouse-Wohnungen und eine Tiefgarage erstellen.

Teilerfolg für Häuser am Steinengraben

via Tageswoche:

Wie es mit der Häuserzeile weitergeht, ist noch offen: Sowohl die Eigentümerin Helvetia wie auch der Mieterverband verbuchen einen Teilerfolg und wollen den jüngsten Entscheid der Baurekurskommission anfechten. Zudem erheben die Nachbarn aus Haus Nummer 36 Vorwürfe an den Versicherungskonzern: Dieser lasse wertvollen Wohnraum ungenutzt und setze die Mieter unter Druck.

Es waren Welten, die im Hinterhof der alten Liegenschaft aufeinanderprallten: Der Anwalt der Eigentümerin höhnte über den aus seiner Sicht «ungepflegten Zustand» des Gartens und des Kellers. «Das ist ein privater Raum und kein Ikea-Geschäft», entgegnete ihm darauf eine Bewohnerin. Zu solchen Szenen kam es am 31. August bei der Augenscheinverhandlung der Baurekurskommission (BRK) am Steinengraben 30 bis 36. An der Leonhardsstrasse 27 steht ein weiteres Haus, das zur Parzelle gehört, derzeit aber nicht genutzt wird.

Geht es nach dem Willen der Eigentümerin, dem Versicherungskonzern Helvetia, soll die Häuserzeile einem Neubau mit Büros und Wohnungen weichen. Die Bewohner, die einem Zwischennutzungsvertrag unterstehen, haben das zusammen mit dem Mieterverband angefochten.

Jetzt liegt der Entscheid der BRK auf dem Tisch.

Dabei beanspruchen beide Parteien einen Teilsieg für sich: So halten etwa die rekurrierenden Bewohner in einer gemeinsamen Erklärung fest, dass ihnen teilweise recht gegeben worden sei. Damit sehen sie sich bestätigt, dass ihr «Widerstand gegen das Bauprojekt» nötig war. Helvetia-Sprecher Hansjörg Ryser sieht das anders: «Mit grosser Genugtuung nehmen wir zur Kenntnis, dass die BRK den Entscheid der Vorinstanz in allen wesentlichen Punkten gestützt hat.»

Die Sache mit der Wohnfläche: Helvetia bekommt recht

Dabei sind beide Versionen richtig: In drei Punkten entschied die Kommission nämlich zugunsten von Helvetia. In Sachen Wohnfläche, Denkmalschutz und Naturschutz wurden die Einwände der Rekurrenten somit abgewiesen. Bei einem vierten Punkt, der aber noch folgenreich sein könnte, bekamen jedoch die Rekurrenten recht.

Aber der Reihe nach.

Laut Wohnraumfördergesetz (WRFG) muss bei Neubauten die verlorene Wohnfläche kompensiert werden. Was deren Berechnung anbelangt, hat der Mieterverband Kritik geäussert: Maschinenräume, Parkhaus- und Liftfläche sowie der Bestandesbau würden ebenfalls dazugezählt, was die Angaben über den tatsächliche neu geschaffenen Wohnraum verzerre.

Die BRK lässt diesen Einwand nicht gelten und hält fest, dass die Berechnung auf die gesamte Parzelle und das Projekt bezogen werden müsse. Nebennutzungsflächen zur Erschliessung der Wohnungen müssten auch miteinbezogen werden. Somit kommt die Kommission zum Schluss, dass der Neubau mehr Wohnraum schafft.

Häuser werden nicht als schutzwürdig betrachtet

Auch beim Denkmal- und Stadtbildschutz beissen die Mieter auf Granit: Die BRK spricht der Häuserzeile aus dem 19. Jahrhundert die «grundsätzliche Qualität» nicht ab. Aufgrund der Güterabwägung gelangt sie aber mit der Denkmalpflege zum Schluss, dass sie nicht schutzwürdig sei. Ohnehin hätten die Gebäude an der Verkehrsachse mit Grossbauten ihren Stellenwert verloren.

Beat Leuthardt, Co-Geschäftsleiter des Mieterinnen- und Mieterverband (MV Basel) sieht es genau umgekehrt: «Gerade deswegen sollte man doch retten, was man noch hat.» Er vergleicht die Häuser mit den historischen Dampfschiffen auf Schweizer Seen: «Gerade weil sie einen Seltenheitswert haben, besteht ein grosses Interesse an jedem noch erhaltenen Exemplar», kommentiert er den Entscheid.

Beim Argument Naturschutz konnten sich die Rekurrenten auch nicht durchsetzen: Die Stadtgärtnerei betrachtet den Garten zwar als schützenswertes Naturobjekt. Gleichzeitig bemerkt sie aber, dass sich ein Schutz der bestehenden Grünfläche als unverhältnismässig erweisen würde und beim Neubau wiederhergestellt werden könne.

Bäume könnten die Pläne von Helvetia gefährden

In einem Punkt können die Mieter aber einen Erfolg verbuchen: Eventuell werden die Bäume im Garten der Bauherrschaft der Helvetia einen Strich durch die Rechnung machen. Während die Stadtgärtnerei zum Schluss kommt, dass Ersatzpflanzungen möglich seien, vertritt der Sachverständige für Baumschutz einen anderen Standpunkt.

Die Fläche, die nicht für die Tiefgarage unterkellert wird, biete zu wenig Platz für den Wurzelschlag. Daher meint die BRK, dass der Neubau von Helvetia sich «in dieser Hinsicht als nicht bewilligungspflichtig» erweise. Wolle der Bauherrr das Vorhaben weiterführen, so müsse er das Projekt entsprechend anpassen.

Genau in diesem Punkt sieht Beat Leuthardt eine Chance für die jetzigen Bewohner: «Das könnte die Pläne der Gegenseite gefährden.» Um die Ersatzpflanzungen zu garantieren, könne nämlich die Tiefgarage nicht so gross wie geplant gebaut werden. Dies hätte wiederum Folgen für den gesamten Neubau, der somit an Wohnfläche verlieren würde.

Beide Parteien wollen weiterkämpfen

Den Entscheid zu den Bäumen möchte Helvetia so nicht stehen lassen: Wie Hansjörg Ryser festhält, sei die Beanstandung der Ersatzbepflanzung nicht nachvollziehbar. Das Unternehmen werde deshalb den Entscheid der BRK in diesem Punkt anfechten.

Auch die Gegenseite will sich nicht geschlagen geben: Wie Beat Leuthardt sagt, hat der Basler Mieterverband beim Verwaltungsgericht bereits Rekurs gegen den Entscheid der BRK angemeldet. Er sieht dabei die eigentliche Idee hinter dem Wohnraumfördergesetz verletzt: «Helvetia missbraucht am Steinengraben die gesetzliche Möglichkeit, höher zu bauen für noch mehr Büroraum», sagt Leuthardt. Davon stehe aber in Basel eh schon zu viel leer. «Dass eine gerichtliche Instanz ernsthaft behauptet, Parkplätze oder ein Liftmaschinenraum seien Wohnfläche, ist schon fast surreal.»

Belässt Helvetia renovierte Altbau-Wohnungen in Brache?

Kritik am Versicherungskonzern ist auch aus dem Haus Nummer 36 zu hören. Dessen einzige Mietpartei ist einem anderen Vertrag unterstellt und hat daher nichts mit dem Baurekurs der Nachbarn zu tun. Wer das Gebäude betritt, trifft auf ein ansehnliches Innenleben: Heimelige und geräumige Altbauwohnungen, ausgestattet mit neuen Badezimmern, Küchen und Fenstern.

All dies wurde zusammen mit den Leitungen innerhalb der letzten 15 Jahre renoviert. Trotzdem herrscht im Haus weitgehend gähnende Leere. Die einzigen beiden verbliebenen Mieter in den oberen Stockwerken, Aline Burckhardt und Alexander Lexow, werden Ende November ausziehen.

Aline Burckhardt kennt das Haus von Kindesbeinen an: Sie ist hier aufgewachsen und ihr Urgrossvater lebte schon in der Liegenschaft. Ihr Vater verkaufte das Haus vor vier Jahren an das Versicherungsunternehmen Nationale Suisse, welches dann von Helvetia übernommen wurde. Die Tochter war mit diesem Entscheid nicht einverstanden, konnte aber als Mieterin bleiben.

«Wir sind keine Hausbesetzer»

Damit ist bald Schluss: Eigentlich hätten Burckhardt und Lexow schon früher die Zügelkisten packen müssen. Die beiden haben Einsprache erhoben, und als diese dann nach der Übernahme von Nationale Suisse als nichtig erklärt wurde, nahmen sie einen zweiten Anlauf. «Die Einsprache mussten wir dann zurückziehen», sagt Burckhardt. «Bei der Schlichtungsstelle wie vor dem Zivilgericht konnten wir leider nicht erreichen, dass wir bleiben können, bis eine Baubewilligung ausgesprochen wird.»

Ob das Haus nach ihrem Auszug zugemauert wird oder doch noch Nachmieter kommen – dazu möchte sich die Helvetia nicht äussern. Für die beiden Bewohner ist es jedoch unverständlich, weshalb die Eigentümerin das Haus partout leer haben möchte, wenn doch noch gar keine Baubewilligung steht.

«Wir sind keine Hausbesetzer – wir wollen einfach so lange wie möglich hier bleiben und uns um das Haus kümmern», sagt Aline Burckhardt. Eine neue Wohnung hat sie bereits, zudem möchte sie die Sache nicht mehr weiterziehen – zu nervenzerreibend sei das ganze Hin und Her gewesen.

Helvetia-Anwalt massregelt Nachbarn als «Trittbrettfahrer»

Zudem kritisiert sie, dass Helvetia versucht habe, jegliche Kritik zum Verstummen zu bringen. Der Advokat, der die Firma vertritt, ermahnte etwa Burckhardt und Lexow mit harschen Worten. Im Mai dieses Jahres warf er ihnen in einem der TagesWoche vorliegenden Brief vor, sich in «unsachgemässer Weise» gegenüber seiner Mandantin verhalten zu haben.

Der Anwalt sah es als inakzeptabel an, dass die Mieter vom Haus 36 als «Trittbrettfahrer» von Personen, die das Helvetia-Bauvorhaben «verzögern und diese damit schädigen», profitieren zu wollen.

Offensichtlich war es der Eigentümerin ein Dorn im Auge, dass sich die Mieter mit den Rekurrenten von nebenan austauschten. Aline Burckhardt sieht diese Vorwürfe als unberechtigt: «Unsere Interpretation ist eher, dass wir uns immer wieder getraut haben nachzufragen, ob wir länger bleiben dürfen.»

Sie sieht darin und in weiteren Briefen zwar keinen direkten Maulkorb, aber «dass wir mit unseren Nachbarn zusammengespannt haben, war immer inoffiziell und ist somit eine Unterstellung».

Auf diese Kritik der beiden Bewohner möchte Helvetia nicht eingehen. Wie Hansjörg Ryser festhält, wolle man die Korrespondenz mit den Mietern nicht in der Öffentlichkeit führen. «Wir betonen jedoch, dass wir zu keiner Zeit und in keiner Weise Druck auf die Mieter ausgeübt haben, weder direkt noch indirekt», sagt Ryser.

Zudem werde man die vom Neubauprojekt betroffenen Liegenschaften bis zum Baubeginn «in geeigneter Form» weiter nutzen. In welcher Art das geschehen soll, wurde jedoch nicht kommuniziert. Während die Verhandlungen von den Bewohnern der Häuser 30 bis 34 weitergezogen werden, bleibt also vorerst unklar, was mit den Wohnflächen in Nummer 36 geschehen wird.

Wilder Umzug gegen „Rassismus, Repression und Vertreibung“

gefunden auf Indymedia:

Für vergangenen Freitag wurde zu einer Demonstration gegen Rassismus, Repression und Vertreibung aufgerufen. Es ging darum, in Zeiten immer stärkerer Fremdenfeindlichkeit, der Unterordnung jeglicher Existenz unter kapitalistische Interessen, einer wachsenden Kontrolle und Überwachung des Alltags und von Verdrängung von QuartierbewohnerInnen durch die profitorientierte Stadtentwicklung, ein starkes Zeichen zu setzen.

Der Umzug zog den Steinengraben entlang, einer Strasse, in der es nur noch Platz hat für anonyme, protzige Bürogebäude. Aus dem Umzug heraus wurden dann auch die Scheiben mehrerer Versicherungen (Vaudoise, Helvetia) eingeschlagen, die seit Jahren mitverantwortlich sind für diese Entwicklung weg von einer lebendigen, bewohnten Strasse zu einer sterilen, toten Umgebung.

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„Für die Erhaltung der Scherben am Steinengraben.“


Auch Kroo Security wurde angegriffen, eine Sicherheitsfirma, die sich nicht zu schade ist, besetzte Häuser nach der Räumung vor erneuten Wiederbelegungsversuchen zu „schützen“. Weiter lief der Umzug am Büro der SVP vorbei, dessen Eingangsbereich entglast wurde. Ihre rassistische Politik hat zu einer gesellschaftsweiten, fremdenfeindlichen Grundstimmung geführt. Auch sonst tritt die SVP für mehr Kontrolle und Überwachung und für massenhafte Ausschaffungen ein und steht ganz klar auf der Seite der Reichen und Mächtigen. Wäre man auf dem Weg noch an weiteren Büros oder Einrichtungen von anderen Parteien, die diese Politik stützen und mittragen, vorbeigekommen, wären diese wohl ebenfalls angegriffen worden, denn alle etablierten Parteien sind mitverantwortlich für das gesellschaftliche Desaster.
Dieses repressive Klima betrifft alle – mit immer neuen Überwachungsgesetzen, der Verfolgung von jeglichem Ungehorsam – und darum wurde das Gerichtsgebäude eingefärbt. Zum Beispiel soll hier auch mehreren Personen der Prozess gemacht werden, denen vorgeworfen wird, letzten Herbst gegen die Militärübung Conex15 und die Militarisierung der Grenzen auf die Strasse gegangen zu sein.
Die schnell anrückenden Bullen wurden zur Verteidigung entschlossen angegriffen und konnten mehrmals vertrieben werden.

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In der Nähe des Unispitals wurden 14 Personen verhaftet, denen vorgeworfen wird, Teil des Umzugs gewesen zu sein. Sie sollen nun für das entschlossene Auftreten der Demo büssen. Ob sie am Umzug teilgenommen haben oder nicht, ob sie Bullen angegriffen haben oder nicht, wir sind solidarisch mit allen Gefangenen und wünschen ihnen viel Kraft und Durchhaltewillen.
Auch wenn sie versuchen, euch zu isolieren – ihr seid nicht allein!

Grüsse gehen raus an die Rigaer94 in Berlin, die bereits seit Monaten im „Gefahrengebiet“ von der Polizei terrorisiert und nun letzte Woche teilgeräumt wurde, was vielerorts zu diversen Widerstandshandlungen geführt hat. Ebenfalls sollen all die wilden DemonstrantInnen in Frankreich gegrüsst werden. Die Revolte, die aus dem Widerstand gegen neue Arbeitsgesetze erwuchs und es seit Monaten vermag, die Wirtschaft zu blockieren und zu sabotieren, inspiriert und ermutigt uns.

Lasst uns zusammen kommen, uns organisieren, gemeinsam den Käfig verwüsten und die Gitterstäbe aus verschiedenen Formen des Zwanges und der Unterdrückung durchbrechen, um uns neue Wege in die Zukunft zu eröffnen.

Basler Abrisskalender 2016

via Tageswoche:

Abrisskalender: Durchs Jahr mit Basels bedrohten Bauten

Ein neuer Kalender widmet sich den gefährdeten Seiten Basels: Wohnorte und Zwischennutzungen, die bald verschwinden müssen, werden dabei porträtiert. Mit Bildern und Texten zeigt er ein paar aktuelle Brennpunkte der Stadtentwicklung auf.

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Bebilderte Kalender mit romantischen Basler Bildern gibt es viele. Beim vorliegenden Exemplar gehts um ganz andere Stadtansichten: Hier stehen nicht die touristischen Bauten im Vordergrund, sondern solche, die es morgen vielleicht gar nicht mehr geben wird. Das hier ist kein Abreiss-, sondern ein Abrisskalender.

Mit dabei sind «alte Bekannte» wie etwa die Warteck- und Steinengrabenhäuser, der Mittagstisch an der Schanzenstrasse und das Eckhaus an der Wasserstrasse. Auf der anderen Seite kommen aber auch Beispiele zum Zug, die kaum in den Medien präsent waren – so etwa die «Villa Carmen» an der Vogesenstrasse, die kürzlich noch von einer Gruppe junger Leute bewohnt wurde und bald neuen Eigentumswohnungen weichen wird. Auch das Seilziehen um die alten Bauten an der Matten- und Markgräflerstrasse kommt im Abrisskalender vor.

Mehr als nur Abrissbuden: Zehn Gebäude und ein Schiff

Zwischennutzungen wie etwa die Kunsträumlichkeiten des Vereins Flatterschafft beim Bahnhof SBB und das offene Wohnzimmer «Zur Bleibe» an der Müllheimerstrasse sind auch ein Thema, und die bedrohte Liegenschaft am Burgweg 4–14 ist gleich zweimal im Kalender vertreten. Ausserdem tanzt einer der zwölf Einträge aus der Reihe: Das bewohnte Frachtschiff «Lorin», dessen Verbleib im Hafen von Huningue noch in den Sternen steht, wird ebenfalls mit einem Porträt geehrt.

Joël Pregger hat den Kalender für die Genossenschaft «Mietshäuser Syndikat» gestaltet. Der Student der sozio-kulturellen Animation liess sich dabein von einem älteren «Vorgänger» anregegen: Schon in den Siebzigerjahren soll es einmal einen Abrisskalender gegeben haben: «Da dieser vergriffen und unauffindbar war, habe ich nach einer eigenen Interpretation einen solchen konzipiert und umgesetzt», sagt Pregger.

Existenzen, die vom Abrissbagger bedroht sind

Die Tour d’Horizon durch die bedrohten Wohnformen soll den Blick auf urbane Probleme schärfen: «Mein Ziel ist es, mit dem Kalender eine informative Grundlage zu schaffen, um damit einen kritischen Diskurs rund um die Stadtentwicklungspolitik anzustossen», sagt Joël Pregger. Wer entscheidet über künftige entwicklungsrelevante Fragen in den Quartieren? Fragen dieser Art interessierten den Macher des Kalenders.

«Einzelne Schicksale werden oft isoliert und vom Abrissbagger zermalmt», findet Pregger. Daher werden zum Teil auch die Gesichter hinter den Fassaden vorgestellt – zum Beispiel der vom Weihnachtsmarkt und der Fasnacht her bekannte «Schoggi-Peter», ein Bewohner der Burgweg-Liegenschaft. «Die Existenz der betroffenen Menschen ist entweder durch ein Abrissvorhaben, spekulativen Verkauf, bürokratische Hürden oder eine umfassende Renovation bedroht», erklärt Pregger.

Unter dem Druck einer «Verwertungslogik»

Der Kalender nimmt somit das in den letzten Jahren gestiegene Interesse an der urbanen Entwicklung auf. In den Augen des Kalendermachers stehen die Städte vermehrt in einer Art Standortmarketingwettbewerb: «Es herrscht ein Anlagedruck, der selbst das Wohnen immer stärker in eine Verwertungslogik zwingt», kritisiert er.

Daher kann er mit der Aussage von Stadtentwickler Thomas Kessler, dass Basel «keine Gentrifizierungsstadt» sei, nicht viel anfangen: «Wenn wir uns mit anderen Städten vergleichen, fällt es uns leicht, einzelne Schicksale zu relativieren und vergessen zu lassen», sagt Pregger. In seinen Augen ist der Abrisskalender ein Versuch, die Situation und Hintergründe der betroffenen Lebens- und Wohnprojekte zu porträtieren. So sollen die facettenreichen Gesichter der Häuser und Menschen hinter dem diffusen und oft benutzen Wort «Verdrängung» zum Vorschein kommen.

Eine Exkursion durch ein anderes Basel

Das Resultat ist sowohl informativ wie auch sehenswert: Die Fotos gewähren Einblicke in versteckte heimelige Hinterhöfe und ins Innere der besagten Gebäude. Zudem wird viel Textmaterial zu den Hintergründen dieser Orte präsentiert. Die hohe Dichte an Informationen auf jeweils beiden Seiten eines jeden Blatts geht aber auf Kosten der Übersichtlichkeit: Der Kalender ist nicht etwas, das von Weitem betrachtet, sondern zur Hand genommen und genauer beäugt werden muss. Somit ist es eigentlich eher ein kleiner Katalog, der zum Schmökern einlädt. Ein paar wenige Aussagen sind zudem etwas holzschnittartig verfasst – so etwa die etwas schwer verständliche Textpassage über die letzten Bewohner der «Villa Carmen».

Abgesehen von solchen Details füllt der Kalender aber eine wichtige Lücke: Er ermöglicht eine Art geführte Reise durch ein anderes Basel, eine Exkursion zu den bedrohten Wohnformen in der Stadt. Schon im Prolog wird das deutlich: «Häuser sind Hüllen, die uns Menschen einen Rückzugsort aus dem hastigen Alltag gewähren. Wenn sie abgerissen werden, fällt zwar die Maske, unsere zornigen Gesichter aber bleiben.» Die Idee, dass manche Häuser eben mehr sind als nur beliebig ersetzbare leblose Masse, zieht sich als roter Faden durch das kleine Basler Abriss-Kaleidoskop.

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Der «Basler Abrisskalender 2016» kann zum Preis von 20 Franken beim Druckkollektiv Phönix an der Offenburgerstrasse 56 bezogen oder mit 5 Franken Versandkosten per E-Mail (abrisskalender@gmail.com) bestellt werden.

„Netzwerk Wohnungsnot“ unterstützt Steinengraben

via Tageswoche:

Die Mieter am Steinengraben erhalten Unterstützung

Mehrere Organisationen und Parteien üben Kritik an Helvetia. Als «Netzwerk Wohnungsnot» appellieren sie an die Eigentümerin der alten Häuser am Steinengraben, ihre Neubaupläne zu überdenken.

Geht es nach den Plänen der Eigentümerin Helvetia Versicherungen, weicht die alte Häuserzeile am Steinengraben bald einem Neubauprojekt. Während eine Einsprache der Mieter noch hängig ist, haben sich inzwischen mehrere Organisationen in die Debatte eingeschaltet. Dazu wurde vor wenigen Tagen ein offener Brief verfasst. Zu den Unterzeichnenden gehören der Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter, die Heilsarmee Basel, die BastA!, die IG Wohnen, die Genossenschaft Mietshäuser Syndikat, die Jugendberatung der JuAr sowie die Caritas.

Die Verfasser stellen die bedrohten Steinengraben-Häuser in einen grösseren Kontext und weisen auf die Schwierigkeiten hin, bezahlbaren Wohnraum in Basel zu finden. Davon seien nicht mehr «ausschliesslich sogenannte Randständige, sondern immer mehr auch Menschen aus dem Mittelstand» betroffen. Daher appellieren die Organisationen an die Helvetia Versicherungen, einen «Beitrag zur Linderung der akuten Wohnungsnot in Basel zu leisten». Dass günstiger Wohnraum durch einen Bürokomplex ersetzt werden soll, ist in ihren Augen nicht nachvollziehbar.

«Mangel an günstigem Wohnraum»

Die Situation in Basel bezeichnen sie als alarmierend: «Beim Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter sind rund 350 Personen ohne festen Wohnsitz gemeldet», heisst es etwa im offenen Brief an die Helvetia. Dabei sei es selten möglich, für diese Leute geeignete Wohnungen zu finden. Betroffen sind laut Angaben der unterzeichnenden Organisationen vor allem Jugendliche, Betagte, Alleinstehende, Familien mit Kindern und Alleinerziehende.

Sie fordern daher Helvetia auf, ihren Entscheid zu überdenken und zusammen mit den Bewohnern nach Alternativen zum Abriss zu suchen. «An Büroräumlichkeiten herrscht in Basel kein Mangel, sehr wohl aber an günstigem Wohnraum», heisst es weiter im Brief.

Das «Netzwerk Wohnungsnot», welches hinter diesem offenen Brief steht, versteht sich als loser und informeller Zusammenschluss sozialer Einrichtungen. Es wurde vor gut einem Jahr ins Leben gerufen, als die «Petition für Massnahmen gegen die Wohnungsnot» lanciert wurde. Etwa 20 Organisationen arbeiten weiterhin an diesem Thema.

Warten auf den Kanton und Helvetia

Die Verfasser halten fest, dass sie gerne mit der Eigentümerin der Liegenschaft das Gespräch suchen wollen. «Momentan möchten wir abwarten, ob und wie sich Helvetia meldet», sagt Michel Steiner vom Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter. Die Versicherung habe ein Exemplar des Schreibens per Post zugesandt bekommen. Zudem müsse noch überprüft werden, ob der Entscheid dem Wohnraumförderungsgesetz widerspricht. «Ich hoffe, dass der Kanton seine Hausaufgaben macht», sagt Steiner.

Die angesprochene Eigentümerin der Liegenschaft sieht im Augenblick von einer Antwort auf den Appell ab: «Wir können keine Stellung nehmen, da wir den Brief noch nicht erhalten haben», sagt Helvetia-Sprecher Hansjörg Ryser.

#SteiniBleibt: Drohender Abriss am Steinengraben

steinengraben-header2011 wurden die Häuser am Steinengraben 32 und 34 von mehreren Dutzend Personen besetzt, am selben Tag jedoch wieder geräumt. Seither hat sich einiges getan: Durch den Druck der Besetzung wurden die beiden Häuser wieder (günstig) von der National Versicherung vermietet. Ein paar Jahre ging das gut, jetzt macht die National ernst und plant, die (mittlerweile drei) Häuser plattmachen, um einen neuen Büroklotz zu bauen.

Ein Teil der Bewohnerschaft wehrt sich dagegen schon seit längerem und wendet sich jetzt mit einer Homepage an die Öffentlichkeit.

Weitere Infos unter steinengraben.ch.

Zum aktuellen Stand (von der Homepage kopiert):

Die am 20. Oktober 2015 vollzogene Übernahme der National Suisse durch die Helvetia ist nun Tatsache. An der Situation der fünf bedrohten Wohnhäuser hat sich jedoch nicht viel geändert. Aufgrund diverser Einsprachen von verschiedensten Parteien (Bewohner, Nachbarn, umliegende Geschäfte, Mieterinnen- und Mieter Verband etc.) hat die Helvetia ihr Bauvorhaben vor dem bevorstehenden Bewilligungsmarathon zurückgezogen, angepasst und am 15.7.15 erneut publiziert. Mit der minimalsten Abänderung des Projekts wurden gleichzeitig auch alle bereits erwähnten Einsprachen für nichtig erklärt. Trotz der kurzen Reaktionszeit, von einer Frist für erneute Einsprachen bis zum 14.8.15, wurden wieder von diversen Leuten Einsprachen eingereicht.

Der Wohnraum am Steinengraben ist leider immer noch akut vom Abriss bedroht. Die Bewohner_innen und der Mieterinnen- und Mieter Verband Basel appellieren an die Bevölkerung und die Regierung der Stadt-Basel, sich für den Erhalt des betroffenen Wohnraumes stark zu machen. Wichtig für das Verständnis dieser Kampagne ist, dass es den Bewohnenden und den engagierten Organisationen, welche für den Erhalt der Häuser kämpfen, keinesfalls um einen persönlichen Vorteil geht. Das Ziel ist, dass diese Häuser, der Wohnraum und der historische Wert der Bevölkerung und der Stadt auch zukünftig erhalten bleiben.

Ein offener Dialog und konstruktive Vorschläge, welche die verschiedensten Interessensgruppen einander näher bringen und schliesslich zu einer gemeinsamen Lösung führen sind unumgänglich. Wir bitten sie darum, die Petition für die Erhaltung des Wohnraumes am Steinengraben zu unterzeichnen und uns wenn möglich Vorschläge, Kontakte, ihre Interessen und Meinungen mittzuteilen.

Ein offenes Ohr ist garantiert! steinengraben@gmail.com

 

Mit bestem Dank und auf eine lebendige Zukunft

Dokumentation Stadtspaziergänge N° 1 & 2

per Mail bekommen:

Stadtspaziergang N°1 – 1. Februar 2015

Mit einer erfreulich breiten Beteiligung von direkt Betroffenen, Nachbarinnen und thematisch Interessierten, wurde am Sonntagnachmittag die neue Aktionsreihe „Stadtspaziergänge gegen Aufwertung und Verdrängung“ ins Leben gerufen.

Immer mehr Menschen sehen ihre Existenz in Basel durch eine ungehemmte Aufwertung und Verteuerung bedroht. Kämpfen tun die meisten alleine, arbeiten mehr um sich die neuen Mieten leisten zu können oder ziehen schlussendlich weg. Mit den Stadtspaziergängen hoffen wir nun ein neues Forum zu schaffen, um vom Abriss oder von Luxussanierungen bedrohte Häuser miteinander zu verbinden. Um voneinander zu lernen und sich gegenseitig auch politisch stärken zu können. Denn die raschen Veränderungen im Basler Stadtbild sind keine Einzelphänomene. Sie sind Resultat einer bestimmten Stadtentwicklung von Oben. Einer Stadtentwicklung, die sich vor allem an den Bedürfnissen der Grosskonzerne und Investoren orientiert.

Der erste Stadtspaziergang vom 1. Februar hat sich dann auch Modelle des Widerstands zum Thema gemacht. Ausgangspunkt war der Verein Wasserstrasse, der nach vielen erfolgreichen Auseinandersetzung aktuell gegen die Umzonungspläne der Stadtregierung und für das dadurch bedrohte Haus 39 kämpft. Weiter zur Offenburgerstrasse, wo ein Vertreter der in Basel neugegründeten Genossenschaft Mietshäuser Syndikat anhand der ersten Immobilie eine Einführung ins Konzept der „unverkaufbaren Häuser“ gab. Beendet wurde der Spaziergang bei Glühwein und Suppe vor der aktuell besetzten Schwarzwaldallee 269, einem schönen Beispiel für direkt aktivistischen Widerstand.

Der nächste Spaziergang wird voraussichtlich Mitte März stattfinden. Jedes bedrohte Haus/Projekt ist eingeladen uns einzuladen! Von Haus zu Haus, von Ort zu Ort der Verdrängung entgegen!

 


 

Stadtspaziergang N°2 – 29. März 2015

1. Der zweite Stadtspaziergang gegen Aufwertung und Verdrängung startet am 29. März 2015 vor dem Hotel „The Passage“ (Steinengraben 51). Die alte, nun durch einen Neubau ersetzte Liegenschaft, war kurzzeitig besetzt und wurde dann durch die Stadt geräumt. Das neue Haus war als „günstiges Hotel für junge Leute“ geplant. Heute kostet das günstigste Zimmer 164 Franken und die Architekten wohnen im Penthouse in den obersten Stockwerken.

2. Vis à vis des Hotelneubaus wehren sich die Bewohner_innen des Steinengrabens 30-36 gegen den Abriss der 139 Jahre alten und (leider) nicht denkmalgeschützten Häuser. Hier sollen auf der Parzelle (Steinengraben 28-36 und Leonhardstrasse 27) neue Büroflächen und Lofts erschaffen werden. Das Bauvorhaben wird voraussichtlich durch das Architekturbüro Burckhardt & Partner realisiert. Weshalb es neben 184’000m²  (laut Handelszeitung 3.2.15) leerstehender Bürofläche und den künftigen Bauabsichten der Helvetia-Versicherung in der Nähe des Aeschenplatzes noch mehr Büroräume braucht, ist für nicht nachvollziehbar. Erst recht nicht angesichts des momentan mageren Wohnungsangebots im unteren Preissegment, kann das hoffentlich nicht die Strategie des Unternehmens sein. Die Bewohner_innen hoffen, dass die Übernahme des Immobilienmandats durch die Helvetia zu einem Überdenken der Pläne seitens der Firma führt. Somit würde auch dem Erhalt des günstigen und für die Bewohnenden existentiell wichtigen Wohnraums nichts mehr im Wege stehen.

3. Der nächste Halt liegt am Petersgraben. Vor dem „Samson“ werden wir einen kurzen Einblick in die Chronologie des ehemaligen WoVe-Hauses bekommen, das nach der Besetzung 2013 in zwei Lofts (mit mehreren Nasszellen) umgebaut wurde.

4. Weiter in Richtung Johanniterbrücke passieren wir auf der linken Seite der Schanzenstrasse „Die Schanze“. Das kleine Imbisshäuschen ist seit Sommer 2014 besetzt und dient einer breiten Gesellschaft aus Studierenden, Freischaffenden und verschiedensten anderen Menschen als täglicher Mittagstisch. Auf dem Gelände soll in diesem Frühling ein Gebäude der Universität entstehen. Eine Kooperation aus ETH, Syngenta und Novartis.

5. Weiter spazieren wir über die Brücke und in die Klybeckstrasse. Dort wird ein Vertreter der neu gegründeten „Plattform Wohnungsnot“, einer Vereinigung aus verschiedensten Organisationen zur Bekämpfung der Wohnungsnot in Basel, anhand eines konkreten Hauses über ihre Vereinigung und die prekären Zustände auf dem Basler Wohnungsmarkt informieren.

6. Nur einige Meter weiter endet der Spaziergang mit einem kleinen Imbiss vor der Markgräflerstrasse 25, Ecke Müllheimstrasse 157. Die Bewohner_innen der Häuser haben im März 2014 die Ankündigung eines Abrisses auf März 2015 erhalten. Mittlerweile wurde der Vertrag noch einmal um 18 Monate verlängert. Abgerissen werden soll aktuell im September 2016. Die Bewohner_innen wollen gerne dort wohnen bleiben.

 

Stadtspaziergang!

Mit einer erfreulich breiten Beteiligung von direkt Betroffenen, Nachbarinnen und thematisch Interessierten, wurde am 1. Februar 2015 die neue Aktionsreihe „Stadtspaziergänge gegen Aufwertung und Verdrängung“ ins Leben gerufen. Startpunkt waren die Häuser an der Wasserstrasse, die nach vielen erfolgreichen Auseinandersetzung erhalten werden konnten – bis auf das Haus Nr. 39, für das weiterhin gekämpft wird. Weiter ging es zur Offenburgerstrasse, wo ein Vertreter der in Basel neugegründeten Genossenschaft Mietshäuser Syndikat anhand der ersten Immobilie eine Einführung ins Konzept der „unverkaufbaren Häuser“ gab. Beendet wurde der Spaziergang vor der aktuell besetzten Schwarzwaldallee 269, einem schönen Beispiel für direkt aktivistischen Widerstand.

Immer mehr Menschen sehen ihre Existenz in Basel durch eine ungehemmte Aufwertung und Verteuerung bedroht. Kämpfen tun die meisten alleine, arbeiten mehr um sich die neuen Mieten leisten zu können oder ziehen schlussendlich weg. Mit den Stadtspaziergängen hoffen wir ein neues Forum zu schaffen, um vom Abriss oder von Luxussanierungen bedrohte Häuser miteinander zu verbinden. Um voneinander zu lernen und sich gegenseitig auch politisch stärken zu können. Denn die raschen Veränderungen im Basler Stadtbild sind keine Einzelphänomene. Sie sind Resultat einer bestimmten Stadtentwicklung von Oben. Einer Stadtentwicklung, die sich vor allem an den Bedürfnissen der Grosskonzerne und Investoren orientiert.

Jedes bedrohte Haus/Projekt ist eingeladen uns einzuladen! Von Haus zu Haus, von Ort zu Ort der Verdrängung entgegen!

Besetzung am Steinengraben 32 und 34 beendet

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Gestern um 16 Uhr besetzten wir zwei leerstehende Wohnhäuser am Steinengraben, gegenüber dem nach vier Jahren noch immer leerstehenden (ehemals besetzten) Hotel Steinengraben. Kurz nach der Besetzung waren die Gebäude von der Polizei umstellt, ohne dass eine Anzeige vorlag. Die anwesenden PolizistInnen fielen durch ein sehr aggressives Verhalten auf.

Als ein Vertreter der „Nationale Suisse“ eintraf, ermöglichte ein Mediator ein Gespräch. Bei diesem wurde in keinster Weise auf unsere Verhandlungsbereitschaft eingegangen, die „Nationale Suisse“ erstattete im Anschluss Anzeige und die Polizei kündigte die Räumung an. Der anwesende Einsatzleiter der Polizei schien die Lage und sich selbst nicht ganz unter Kontrolle zu haben, was sich in einem auffallend aggressiven und cholerischen Verhalten äusserte.

Wir entschieden uns in dieser Situation, die Häuser gemeinsam zu verlassen, da wir keine Möglichkeit sahen, eine Räumung zu verhindern. Die Polizei pocht seit Jahren auf eine schnelle Räumung von besetzten Gebäuden, was uns zunehmend wütender macht. Die einzig tolerierten Formen scheinen Partybesetzungen und reglementierte, kommerzialisierte „Freiräume“ zu sein. Alles, was auf eine längerfristige und selbstbestimmte Nutzung abzielt, wird nicht geduldet. An dieser Stelle entlarvt sich das angebliche Verständnis von Politik und Medien für unser Bedürfnis nach Freiräumen als Heuchelei.
Wir kommen wieder.

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XX34: Kein Abriss unter dieser Nummer!

Heute haben wir die Häuser am Steinengraben 32 und 34 besetzt. Die Häuser stehen seit Anfang Jahr leer und sollen in ferner Zukunft einem Neubau weichen.

Egal in welche Richtung man blickt, die aktuelle Brisanz des Themas sozialer und kultureller Freiräume lässt sich nicht mehr leugnen: Der Widerstand gegen die vom Abriss bedrohten Häuser an der Wasserstrasse, die vorzeitig beendete Besetzung des ehemaligen Kinderspitals oder die spontane Aneignung der Voltamatte zeigen, dass immer mehr BewohnerInnen von Basel die Stadtentwicklung in die eigenen Hände nehmen und versuchen, Raum nach ihren Interessen und Bedürfnissen zu gestalten.
Wir sehen uns als Teil dieses Prozesses und haben deshalb die Häuser am Steinengraben 32 und 34 wiederbelebt. Sie befinden sich im Besitz der Nationalversicherung und stehen seit Anfang Jahr leer. Die Zukunft der Häuser ist ungewiss. Fest steht, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis ein Bauvorhaben umgesetzt werden kann und dass sich dieses mit Sicherheit hauptsächlich an Kapitalinteressen orientieren wird. Wie sonst ist es zu erklären, dass gut erhaltene Altbauten abgerissen und durch überflüssige Bürogebäude oder überteuerte Wohnblöcke ersetzt werden?
Unsere neuen Häuser stehen an geschichtsträchtiger Lage: Genau gegenüber befindet sich das Hotel Steinengraben, das am 1. Mai 2007 besetzt worden war. Das Hotel steht symbolisch für den Umgang der Stadt mit potentiellen Freiräumen: Unter fadenscheinigen Vorwänden wurde damals eine polizeiliche Räumung wenige Tage nach der Besetzung durchgesetzt. Um eine erneute Belebung dieses toten Ortes ausserhalb der städtischen Kontrolle zu verhindern, wurden im Anschluss die Fenster zugemauert und das Innere des Hauses zerstört. Jetzt, mehr als vier Jahre nach der Räumung, steht das Gebäude noch immer leer. Das bestärkt uns in unseren Absichten, den rhetorischen Kunststücken und den leeren Versprechen der Stadt keinen Glauben zu schenken. Wir und andere haben keine Lust, in die Randbezirke oder in die Agglomeration verdrängt zu werden, wir sind genauso Teil dieser Stadt und haben uns entschlossen, uns dieser lebensfeindlichen Stimmung entgegenzustellen, Position zu beziehen, offensiv zu werden. Daran ändern auch die Beschwichtigungsversuche von Thomas Kessler, dem Repräsentanten der Basler Stadtentwicklung, nichts. Das Bedürfnis nach zentral gelegenen Freiräumen könne bereits befriedigt werden, sofern die „historisch mentalen Grenzen“1 der Stadt ausgeweitet würden, so Kessler. Anders formuliert: Das Zentrum von Basel liege nicht in der Innenstadt, sondern in der Peripherie — laut Kessler in verlassenen Industriekomplexen im Elsass, auf dem kommerziell reorganisierten Dreispitzareal oder auf dem nt-Gelände mit seinen überteuerten Partylokalen. In kaum zu übertreffender Deutlichkeit veranschaulichen solche Aussagen den Versuch einer Politik von oben, sich die Definitionsmacht punkto Freiräume anzueignen.2 Was ist ein Freiraum? Wer bestimmt, wo und wie ein Freiraum zu sein hat? Nach welchen Kriterien? Welche Macht- und Kapitalinteressen sind damit verbunden?
Was wir wollen, sind unkontrollierte und unkontrollierbare Räume, die — soweit möglich — fernab eines kommerzialisierten und normierten Rahmens bestehen und sich entwickeln können. Räume, in denen wir versuchen, dem Begriff Freiheit eine neue Bedeutung zu verleihen. Die Tatsache, dass wir einen Grossteil unseres Lebens in unseren Wohnungen bzw. unseren Häusern verbringen, veranschaulicht die immense Bedeutung dieser Räumlichkeiten. So wünschen, suchen und nehmen wir uns Orte, an denen wir gemeinsam leben können; die als soziale Treffpunkte dienen; die Möglichkeiten zum Austausch von Ideen, Träumen, Freuden, Sorgen und zur Vernetzung schaffen. Und die uns als Rückzugsorte zur Verfügung stehen, an denen wir voneinander aufgefangen werden, wenn es die Situation erfordert.
Die InitiatorInnen dieser Besetzung sind keine Einheit, keine gleichgeschaltete Gruppe, deren Differenzen vernichtet wurden, sondern ein offenes und undefinierbares „Wir“, das versucht, sich gemeinsam zu organisieren und gemeinsam Verantwortung für sich selbst zu übernehmen — sei es im Haus oder in den Projekten, die in den neuen Räumen entstehen können. Auch Wohnhäuser können problemlos mit einem öffentlichen Gemeinschaftsraum, einer Kneipe, Werkstätten, Ateliers, einem Sportraum, einem Konzertkeller und/oder einem Bandraum ausgestattet werden, ein Garten böte zudem Platz für eigenes Gemüse. Die Grenzen der Kreativität und der Selbstbestimmung sind lediglich materieller Natur.
Im Gedanken der Offenheit gegenüber den Interessen und Bedürfnissen der AnwohnerInnen und anderen BewohnerInnen dieser Stadt ist es uns ein Anliegen, uns nicht zu isolieren, kein weiteres Ghetto einer Pseudo-Alternativkultur zu errichten. Wir verstehen unsere Intervention als Aufgabe und Chance zugleich, dem fortschreitenden Prozess der Entsolidarisierung, Vereinzelung und kulturellen Verarmung etwas entgegenzusetzen. Nicht nur für einige wenige, sondern für alle, die heute nach emanzipatorischen Alternativen suchen.

Wir sind hier, wir lassen uns nicht verdrängen und wir wollen damit alle einladen, es uns gleich zu tun. Und wir öffnen die Türen, um die Räume dahinter mit Leben zu füllen, Raum zu schenken. In einem solchen Klima der Vielfalt sollen verschiedene Bedürfnisse ihren Platz finden und sich entfalten können, um schliesslich zu einem Ort der Bereicherung zu werden.

xx34squat@gmail.com