«Die städteplanerische Aufwertung steigert den finanziellen Wert von Böden, Häusern, Strassen und Plätzen ohne Rücksicht auf deren BewohnerInnen. Wir wollen die Stadt selbst gestalten, mit unseren eigenen Mitteln und Ideen beleben, ohne rentieren zu müssen. Für eine Stadt, die von uns entwickelt wird – und nicht für uns!»
Warum treffen wir uns heute auf der Strasse?
Wie viele wahrscheinlich bereits mitbekommen haben, passiert in den ehemals “verwahrlosten” Quartieren Basels so einiges – allen voran im St. Johann und im Kleinbasel zwischen Matthäusquartier und Kleinhüningen, aber auch auf dem Dreispitz. Häuser werden vollumfassend saniert, Wände werden von Graffiti und anderen „Schmierereien“ befreit, Plätze werden neu gestaltet, neue Einkaufszentren entstehen, junge, kreative DesignerInnenläden sind plötzlich präsent.
Und all das wird einem als positive Veränderung, hin zu einer weltoffenen, toleranten und innovativen Stadt, verkauft. Ein Hoch auf den Fortschritt!
Kommt her ihr Investoren und Investorinnen, gebt Basel euer Geld, baut Häuser, baut Büros, baut Plätze, baut Spielplätze, nehmt Teil an der Realisierung einer grossen Vision. Der Vision einer völlig verwalteten, kontrollierten und deshalb tristen Stadt: Willkommen in Basel!
Gerne ausgeblendet werden allerdings die Konsequenzen, die vor allem für Leute mit geringen Einkommen (wie Menschen in Ausbildung oder MigrantInnen) mitunter schwerwiegend sein können: Steigende Mieten infolge von Renovationen und Neubauten führen zu Verdrängung an die Ränder der Stadt, die totale Verwaltung aller Räume zum Entzug eigener Initiative, die bis ins letzte Detail durchgeplante Architektur zum Verlust von Spontaneität, Wildwuchs und Unberechenbarkeit.
Während die Auseinandersetzung um diese Themen oftmals auf die simple Formel „Die Jugend braucht (mehr) Freiräume!“ reduziert wird, soll an dieser Stelle noch einmal mit allem Nachdruck gesagt werden, dass Freiräume nur dann interessant sind, wenn sie eine längerfristige Perspektive bieten, wenn sie einem ermöglichen, etwas aufzubauen, einen Anker zu werfen, der nicht so schnell eingeholt werden kann – weder von der Regierung noch von privaten Interessen.
Aber genug dazu.
Wir wehren uns gegen eine von oben bestimmte Ver- und Einteilung von Räumen, egal wem sie gehören. Ist es legitim, dass jemand, die nichts hat, aus ihrer Wohnung verdrängt wird – schlicht, weil die Wohnung nicht ihr, sondern der Stadt, der Novartis oder anderen Unternehmen gehört. Schlicht, weil diese das Potenziel wittern, aus der Wohnung mehr Profit zu schlagen? So wie die Stadt von einigen wenigen entwickelt wird, begünstigt sie jene, welche bereits einen privilegierten Status in Form hoher Einkommen oder zugesprochener Eigentumsrechte geniessen. Das zeigt sich beispielsweise am Novartis Campus, diesem Monster von Entwicklung und Forschung, das nach und nach Teile der Öffentlichkeit vereinnahmt, eine Stadt in der Stadt baut, den ehemaligen Hafen St. Johann in einen Privatpark für die Mitarbeitenden umwandelt und eine Promenade rund um die Voltamatte
erhält, um ihren Organismen auch ausserhalb ihrer Gebäudekomplexe eine für sie lebensfreundliche Atmosphäre zu bieten. Andere Beispiele wären die angestrebte Hafenentwicklung im Klybeck oder das neue Erlenmatt-Quartier.
Das alles ist nicht auf eine falsche Politik oder die Versäumnisse der Regierung zurückzuführen, sondern auf eine generelle Logik, die sich in vielen Bereichen europäischer Gesellschaften zeigt: Ein unsichtbarer Zwang, der dazu führt, dass Städte, aber auch Menschen und Dinge im Allgemeinen effektiv, originell, organisiert, produktiv, effizient und attraktiv sein müssen. Wer sich dem verweigert, fällt durch das Netz sozialer Akzeptanz.
Stadtentwicklung muss nicht zwangsläufig von einer Verwaltung, sei sie privat oder staatlich, ausgehen. Vielmehr sollte die Gestaltung der eigenen Umgebung von den Anwohnerinnen und Anwohnern ausgehen, die direkt betroffen sind. Warum nicht mehr Skepsis und Abneigung gegenüber denjenigen, die uns regieren und uns mit kosmetischen Partizipationsprogrammen ruhigzustellen versuchen. Hinterfragen wir die Normalität, die uns vorgesetzt wird, anstatt sie gedankenlos zu übernehmen. Das gilt nicht nur für den (städtischen) Raum, sonst für alle Bereiche, in denen eine übergeordnete Instanz Entscheide für andere trifft.
Der nächste Umzug findet am 12. Mai um 16 Uhr statt. Treffpunkt ist der Wiesenplatz in Kleinhüningen.
was haben junge kreative designerläden damit zu tun?
Der Einfachheit halber verweisen wir auf wikipedia, wo das recht klar formuliert steht:
Aufgrund ihrer spezifischen Mobilität, ihrer oft geringeren finanziellen Möglichkeiten, ihrer Akzeptanz oder Vorliebe für urbane, benachteiligte und ungewöhnliche Orte, ihrer Kreativität, eines Gespürs für Trends und eines ausgeprägteren Bedürfnisses zur innovativen Selbststilisierung sind Künstler, Homosexuelle[13] sowie Jugendliche und junge Erwachsene („Hipster“ u.a.) oft wichtige Vorboten und Pioniere einer späteren Gentrifizierung. Sie „entdecken“, nutzen und prägen im Sinne einer angesagten Location der Jugendkultur, als einen Ort der Bohème oder der alternativen Szene die potenziellen Gentrifizierungsstandorte auf einem niedrigen Preisniveau um. Somit werden diese Räume für weitere, einkommensstärkere Gruppen als Wohn-, Freizeit- und Gewerbestandort attraktiv. In der Folge einer absehbaren Nachfrage durch finanzkräftige Menschen und Unternehmen werden die Standorte schließlich für die gewinnorientierte Immobilienwirtschaft besonders interessant.
Wikipedia: Gentrifizierung
Diesen Prozessen müssen sich „junge kreative designerläden“ bewusst sein.