Folgende Informationen stellt die AntiRep-Gruppe zu den Polizeiübergriffen nach der Sauvage auf dem NT-Areal zu Verfügung. (Ferner: Vor einer Stunde soll es eine kleine Solidaritätsaktion mit ca. 40 Leuten vor dem Waaghof gegeben haben, wo der Verhaftete von letztem Samstag noch immer sitzt.)
Die AntiRep-Gruppe Basel will einen aktiven Beitrag zur Repressionsbewältigung leisten. Das heisst sie gibt Auskunft, betreibt ein AntiRepTelefon und unterstützt Menschen in ihren jeweiligen Situationen.
Am letzten Samstag, dem 2.6.2012, feierten über 1000 Personen auf dem NT Areal illegal eine ausgelassene Party. In den frühen Morgenstunden des darauf folgenden Sonntags wurden verschiedenste Personen von der Polizei kontrolliert oder verhaftet, wobei es zu enormen Übergriffen seitens der Polizei kam. In Zusammenarbeit mit Betroffenen wollen wir hier einige Fälle dokumentieren:
Unverhältnissmässige Gewalt und Pfeffersprayattacke auf Wehrlose
Auf dem Nachhauseweg von der Party wurden Sandro*, Michael*, und Katharina* von zehn Polizisten ohne Namensschildern und in Vollmontur auf brutalste Weise verhaftet. Sandro: „Ein Polizist riss mich direkt vom fahrenden Velo und drückte mich zu Boden; Er drückte mir die erste Hand in die Handschellen, legte mir die zweite Hand in Handschellen, und drückte mir mit dem Knie in das Genick. Als wir in Handschellen gefesselt im Auto sassen, knallte der eine Polizist einen Türflügel zu und sprayte Michael aus zehn Zentimeter Entfernung direkt mit dem Pfefferspray grundlos ins Gesicht.“ Diese Attacke kommentierte der Polizist als Rechnung für eine Laserattacke (?) gemäss Sandro mit den Worten: „Das isch jetzt d’Rächnig für d’Laserattacke, mir hen kei Laser, abr drfür Pfeffer und Gummi und ihr händ nüt.“ Die von der Gruppe mitgeführten Gegenstände wurden von der Polizei absichtlich beschädigt oder zurückgelassen. Auf dem Posten angekommen wurden die Betroffenen aus dem Auto gezerrt. Sandro: „Meine Handschellen wurden noch weiter zugedrückt und ich dachte sie brechen mir die Handgelenke. Obwohl ich mich nicht wehrte oder ihnen einen sonstigen Grund dafür gab.“ Nachdem die Verhafteten auf dem Posten mit dem Gesicht an die Wand gepresst warten mussten wobei einer Person die Hände nach hinten/oben gedrückt wurden, kam es zu einer Befragung. Sandro: „Als sie meine ID aus dem Portemonnaie nahmen zerstörten sie meine ID und sagten: „Die isch kaputt, die kasch ihm grad wegnäh.“.“ Die Schikane ging weiter, als Sandro von einer Einzelzelle in eine andere Zelle verlegt wurde. „Ich weigerte mich die bereits besetzte Zelle freiwillig zu betreten. Dann schlugen sie mich mit dem Gummiknüppel in den Bauch und schubsten mich so in die Zelle, mit dem Kommentar: „So lueg mit däm kasch die jetzt vergnüege“.“ Nach mehreren Stunden Haft wurden die Betroffenen einzeln entlassen, ihre mitgeführten Gegenstände wurden ihnen allerdings nicht zurückgegeben und teilweise zerstört. „Mein Natel, mein Kopfhörer, meine zerstörten Platten, mein Velolicht, mein Tabakettuie, und eine Lichterkette gaben sie mir nicht zurück. Für die konfiszierten Sachen erhielten wir keine Quittung.“
Grundlose Schikane
Am selben Morgen wurde Aaron* um ca. 05:30 von zwei Polizisten angehalten. Aaron erkundigte sich mehrmals nach dem Grund der Kontrolle, bekam allerdings keine Antwort. Aaron: „Die Polizisten nahmen mich daraufhin am Arm und drückten mich relativ grob gegen eine Wand(…)“ Dies verunsicherte den Betroffenen und er versuchte durch Schreien auf sich aufmerksam zu machen. Aaron: „Daraufhin drückten mich Polizist 1 und Polizist 2 auf den Boden und zogen mir gewaltsam Handschellen an. Dann zogen sie mich ca. 2 Meter der Wand entlang, obwohl ich mich nicht wehrte.“ Noch immer wurde Aaron keinen Grund für eine solche Festnahme genannt. Stattdessen führten sie ihn in die Tiefgarage des Polizeipostens „(…)in einen kleinen, dunklen Raum mit einer Bank und einer Wolldecke.“ Dort wird Aaron nach erneuter Bitte Missachtung/Nichtbefolgen eines Befehls als Grund für seine Festnahme angegeben. Da Aaron diese Missachtung in keinem Moment nachvollziehen konnte, verlangte er darauf die Dienstnummer und den Namen des Beamten, der ihm diese Information jedoch verweigerte. „Daraufhin kamen zwei neue Polizisten auf mich zu und forderten mich mit folgendem Wortlaut auf, zu verschwinden: „Verpiss dich jetzt du Zecke… hau ab du Schwuchtel…“ Im Hintergrund bäumte sich ein weiterer Polizist mit Gummischrotgewehr auf und machte Anstalten damit auf mich zu zielen.“ Es blieb bei dieser Drohgebärde und Aaron wurde schlussendlich nach ca. 30 Minuten aus der Haft entlassen.
Schläge in den Bauch während einer Verhaftung
Auch David* lief von der Party nach Hause, als er von der Polizei angehalten wurde. Während seiner Festnahme wurde er, obwohl er sich nicht widersetzte, von einem unbekannten Polizisten mit einem Gummischrotgewehr mehrmals in den Bauch geboxt.
Zivilpolizist zückt Dienstwaffe inmitten einer Menschenmenge
Nachdem ein Zivilpolizist während der Party mehrmals verbal aufgefordert wurde, das Festgelände zu verlassen, dieser Aufforderung allerdings nicht nachkam, wurde er ungefähr zwei Stunden später von einer Gruppe von Besuchern bestimmt gedrängt, das Areal zu verlassen. Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten, wobei der Polizist seine Schusswaffe zog. Dieses unverhältnismässige Verhalten birgt die konkrete Gefahr, solch eine Situation zu einer lebensgefährlichen Auseinandersetzung zu machen.
Falls jemand ähnliches erlebt oder beobachtet hat, meldet euch bitte bei uns!
Kontakt: antirep-basel@riseup.net
Zusammengetragen von AntiRep-Gruppe Basel
*Namen geändert