… kopiert von Indymedia CH:
Am Abend des 21. Junis 2013 fanden gleich zwei Demonstrationen statt, die sich gegen die Polizei (und deren Einsatz auf dem Messeplatz) und Baschi Dürr (Sicherheitsvorsteher) richteten.
Die erste startete um 19 Uhr auf dem Theodorskirchplatz mit ca. 200 Personen. Während des Umzugs wurden – dank der Abwesenheit eines Soundsystems – fast durchgängig Parolen gerufen und Plakate gegen die Polizei gekleistert. Begleitet wurde die Demo von einigen nervös wirkenden Verkehrsbullen, die sich jedoch auf die Umleitung des Verkehrs beschränkten.
Um 22 Uhr startete die zweite Demonstration, diesmal mit etwa 500 Personen. Die Stimmung war deutlich aggressiver und kämpferischer als beim ersten Mal. Wieder wurden durchgängig Parolen gerufen, gekleistert und neu auch gesprayt. Die Route führte in die Wettsteinallee, dem Wohnort von Baschi Dürr, von dort bis zum St. Johanns-Park, wo vor genau 25 Jahren die alte Stadtgärtnerei geräumt und abgerissen worden war.Vor Ort mischte sich der Umzug ins Publikum des dortigen Pärkli Jams, einem kostenlosen Festival – einige stürmten mit Transparenten die Bühne und hielten eine Rede.
Abseits der Demo wurden mehrere Zivilbullen angegriffen, eine Polizistin musste – laut Medienberichten – ins Spital eingeliefert werden. Darunter befand sich offensichtlich auch ein Mitarbeiter der Basler Verkehrsbetriebe. Die Bullen haben sich dann gegenüber dem Park aufgestellt und es kam zu einer kurzen Auseinandersetzung, Gegenstände und eine Bengale flogen in Richtung Polizei, mehrmals wurden auch Laserpointer eingesetzt. Diese antwortete mit einer Gummischrotsalve – mindestens zwei Personen wurden im Gesicht verletzt. Laut Medienberichten wurde mindestens eine Person vorübergehend festgenommen.
Die Bullen hatten während einigen Stunden die Strasse vor dem St.Johanns-Park (Elsässerstrasse) gesperrt und sich dann schrittweise zurückgezogen. Im Nachgang führten die Bullen vereinzelt Personenkontrollen durch, dabei kam es offenbar auch zu einem Übergriff. Mehr dazu eventuell später.
Fotos finden sich unter anderem hier.
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Nachfolgend noch ein Text, der während der Demo verteilt wurde:
…Die Härte eines Polizeieinsatzes abzukriegen ist nichts Tolles. Von Pfefferspray und Tränengas brennen die Augen, man glaubt keine Luft mehr zu kriegen. Gummischrotprojektile hinterlassen blaue Flecken, Prellungen, schlimmstenfalls ausgeschossene Augen. Schlagstöcke und Fäuste sind die unmittelbarste Form von Gewalt: Schmerzhaft, Panik verbreitend, demütigend.
Wer letzten Freitag Abend um 22 Uhr auf dem Messeplatz war, musste all dies erleben. Für viele war es vielleicht die erste eigene Erfahrung mit der nackten Gewalt des Staates. Jeder Mensch geht mit Sowas anders um: Schock, Empörung, Angst, Wut, Unverständnis und im schlimmsten Fall Traumata sind nur einige der möglichen Reaktionen, wenn man von Bullen weg geprügelt wird. Es hat uns enorm gefreut, wie viele angesichts des heftigen Angriffs der Bullen ihre Wut ausdrückten und sich aktiv zur Wehr setzten. Dennoch: Jedes Gefühl, dass ein Bullenübergriff bei den von ihm Betroffenen hervorruft, verlangt vollste Beachtung und unsere ganze Ernsthaftigkeit im Umgang.
Die Reaktion, die seit letztem Freitag grosse Teile der Öffentlichkeit dominiert, ist die Empörung: “Die Polizei hat sich total unverhältnismässig verhalten!” oder: “Die Party war doch friedlich!”. Auch diese Reaktion ist auf menschlicher Ebene verständlich. Politisch gesehen, als Botschaft einer Demonstration zum Beispiel, birgt sie aber grosse Gefahren, denn sie zielt am Problem vorbei:
Denn der Bulle ist seiner Funktion nach einzig ein gut ausgebildeter, modern ausgerüsteter Gewalttäter. Ein reiner Befehlsempfänger mit der Aufgabe, uns Menschen in Zügel zu halten, uns die Peitsche mal fester oder weniger fest spüren zu lassen, falls wir in irgendeiner Form -aus dem staatlich tolerierten Rahmen ausbrechen und aufbegehren. Nochmals: Die grundlegende und wichtigste Funktion der Staatsgewalt ist es, die bestehenden Machtverhältnisse aufrecht zu erhalten, wenn nötig bis zum Letzten.Und es braucht nicht viel, um ausserhalb dieses Rahmens zu stehen. Für alles braucht es eine Bewilligung, müssen Vorschriften eingehalten, die Nachtruhe respektiert werden. Nur so lässt sich das reibungslose Funktionieren der Wirtschaft und all der Beschäftigten aufrecht erhalten. In so einer Gesellschaft reicht es schon, sich während einer Kunstmesse ungefragt vor deren Nase zu treffen und sich losgelöst vom Glamour der Kunstelite amüsieren zu wollen.
Das Bewusstsein über diese Tatsache, welches wir oft schon wenige Kilometer von der Schweizer Landesgrenze entfernt unverfälscht antreffen, ist hier dank einer perfektionierten sozialen Befriedung weitgehend inexistent. So ist es auch wenig verwunderlich, dass nach den Übergriffen vom letzten Freitag, oder vielmehr nach deren publik werden, das empörte Geheul der demokratischen Linken los ging, in ihrer Kritik am Vorgehen der Bullerei stets die Tatsache leugnend, dass genau jene Gewalttätigkeit der Kern der Bullenfigur ist.
Wer weltweit dafür da ist, diese lebensfeindlichen Umstände zu beschützen, kann nicht auf der Seite derer sein, die damit nicht einverstanden sind.
Empörung ist das Markenzeichen eines Wunsches nach Veränderung, der all seine Kraft schon im voraus abgegeben hat. Solange sie den Rahmen des demokratischen Mitwirkungsprozesses akzeptiert, kann aus ihr keine grundlegende Veränderung kommen. Was aber wenn eine Veränderung grundlegend sein soll? Was die Bullen letzten Freitag gemacht haben, ist die logische Folge ihrer Existenz und solange wir diese nicht grundsätzlich überwinden, wird keine Empörung verhindern können, dass es künftig wieder und wieder zu solchen Bulleneinsätzen kommen wird.
Wenn diese Empörung aber zu einer beständigen, je nach Situation mehr oder weniger offen ausgelebten, kollektiven Wut wird, die sich auch nicht mehr mit ein paar gesellschaftlichen Überdruckventilen regulieren lässt, und wir uns fragen, wie wir ab heute ohne Bullen leben wollen, nehmen wir ihnen die Existenzgrundlage die wir ihnen täglich geben und schaffen Raum für wirkliche Veränderung.
Auf dass die Figur des Bullen stirbt, wir sehen uns auf der Strasse.