Archiv der Kategorie: Aktionen

Neuinszenierung der „Favela-Aktion“ im Keim erstickt

via Tageswoche:

Diese Kunstaktion wollte die Polizei unbedingt verhindern

Mit einem massiven Einsatz stoppte die Basler Polizei [am Freitag, den 20.6.] eine Kunstaktion auf dem Messeplatz. […] Doch was führten die festgenommenen Kunststudenten überhaupt im Schilde?

Die Basler Polizei schien das Schlimmste zu befürchten, jedenfalls standen bereits am frühen Freitagnachmittag zahlreiche weisse Kastenwagen eingereiht in der Nähe des Messeplatzes. Die interne Aufklärung hatte Hinweise erhalten, dass sich am Abend eine Protestaktion auf dem Messeplatz ereignen würde, die an die von der Polizei im vorherigen Jahr brutal aufgelöste Favela-Aktion erinnern würde. Auch die Präsenz der Sicherheitskräfte auf dem Platz selber, wo zu dieser Uhrzeit noch der Messebetrieb der Art Basel in vollem Gang war, nahm mit jeder Stunde zu.

Doch der Hauptfokus der Ordnungshüter lag woanders: auf dem Schulhof der Hochschule für Gestaltung und Kunst an der Vogelsangstrasse. Dort spielten sich eigenartige Szenen ab, glaubt man der Schilderung Involvierter. In einem Gebüsch nahe der Schule entdeckten Studenten eine in jägergrün gekleidete Frau, die mit einer Kamera den Schulhof versteckt filmte. Nebenan stand ein Bartträger mit Rosschwanz und einer Harley-Davidson-Jacke, der das Treiben der angehenden Künstler auffällig unauffällig beobachtete.

Polizei-Choreografie als Vorbild
Die rund 25 Schüler liessen sich derweil nichts anmerken und probten ihre Choreografie, die sie später auf dem Messeplatz aufführen wollten – jene Aktion, welche die Polizei mit massivem Mittelaufwand um jeden Preis verhindern wollte. Die Kunstaktion hatten die Schüler gemeinsam mit Enrique Fontanilles, stellvertretender Direktor der Basler Schule für Gestaltung (SfG), entwickelt und Renatus Zürcher, Lehrer und Spezialist für Kunst im öffentlichen Raum an der SfG. Die Proben fanden in der Freizeit statt, die Aktion war nicht Teil einer Lehrveranstaltung. Eingebracht hatten die Idee zwei Studenten, die mit einer Performance die letztjährige Favela-Räumung künstlerisch verarbeiten wollten. Weil Ereignisse sich in der Kunst weiterentwickeln und weil Kunst wichtige Ereignisse weiterdenken muss.

Die Idee war simpel: Die jungen Künstler wollten sich schwarz gekleidet in einem Raster auf dem Messeplatz aufstellen und dann Linie für Linie vorwärts marschieren. In der Hand würden sie Tortenböden aus Karton halten, die Zürcher vorher in einer Konditorei besorgt hatte. Die Choreografie sollte jenes Bild reproduzieren, das die auf einem Video der TagesWoche festgehaltene Favela-Räumung des Vorjahrs geschaffen hatte. Die kreisrunden Pappteller hätten dabei an die Polizisten in Vogelperspektive erinnert. Die Aktion trug den Titel «Art and Order», Grundlage war eine «visuelle Analyse der strategischen Choreographie der Basler Polizeioperation», wie auf der Webseite des Projekts festgehalten ist.

So weit, so harmlos. Weil man keine eigentliche politische Botschaft transportieren wollte (wenn auch eine implizite), hätte die Aktion stumm vorgetragen werden sollen. Sie hätte, so Zürcher, wahrscheinlich kaum jemanden interessiert: «Wäre die Polizei nicht gewesen – die Sache wäre verpufft.»

Zivilpolizistin im Gebüsch entdeckt
Irgendwann während der Probe scherte Zürcher dann aus der Formation aus und ging auf den Mann in der Harley-Jacke zu. Er sprach ihn an: «Hey, ich kenne auch jemanden im Harley-Club.» Der Mann mit dem Rossschwanz reagierte verduzt: «Ich habe gar keine Harley, ich spaziere hier nur ein bisschen rum.» Als der Zivilipolizist enttarnt war, tauchte gleich der Einsatzleiter der Polizei auf dem Schulhof auf, er warnte Zürcher davor, die Aktion vorzutragen. Eine Ansammlung von Menschen würde nicht geduldet werden, die Polizei habe ein Veranstaltungsverbot erlassen.

Zürcher und Fontanilles fragten ihre Studenten: «Seid ihr euch des Risikos wirklich bewusst, wollen wir das durchziehen?» Die Studenten wollten unbedingt, doch als Vorsichtsmassnahme sollten die ausländischen Studierenden nicht aktiv teilnehmen, damit sie später keine Probleme mit ihren Bewilligungen erhalten würden. Zudem wurde die Choreografie abgeblasen. Die Künstler würden nicht mehr als Gruppe, sondern als Einzelpersonen den Messeplatz betreten und dort die weissen, unbeschrifteten Pappkreise sowie kleine bedruckte Flyer (Sie nennen sie «Hostien») an die Passanten verteilen.

Die Polizei liess auch das nicht zu. Eine Schar Zivilpolizisten deckte jeden Winkel des Messeplatzes ab und gab sofort an den Einsatzleiter durch, wenn eine Person mit dem inkriminierten Pappdeckel oder der «Hostie» in der Hand gesichtet wurde. Gesamthaft 34 Personen führten die Beamten ab und verfrachteten sie zur «Kontrolle der Personalien» in den Stützpunkt Waaghof. Mitgenommen wurden auch Art-Besucher, die die Pappteller oder die Flyer entgegen genommen hatte. In einer Szene führte die Polizei eine Teilnehmerin der Aktion ab, diese legte den Tortenboden zur Seite, ein Art-Besucher nahm den Deckel auf – und wurde auch gleich festgenommen. Auch Personen, die an der letztjährigen Favela-Aktion dabei waren, und deren Gesichter die Polizei noch kannte, wurden in den Waaghof verfrachtet.

Unter den vorübergehend Verhafteten war auch ein deutscher Besucher der Messe, der ein Foto der Polizeiaktion machte. Fontanilles war mit ihm zusammen im Polizeiauto, das sie wegbrachte. Der Mann habe mehrfach betont, er leide unter Klaustrophobie und brauche Medikamente, er habe geschwankt und habe sich sichtbar unwohl gefühlt, sagt Fontanilles. In der Zelle sei der Deutsche dann zusammengebrochen, erst auf mehrmaliges Rufen Fontanilles‘ sei er schliesslich zum Gefängnisarzt gebracht worden. Eine umfassende Stellungnahme zu diesem Fall und anderen Fragen rund um den Polizeieinsatz hat die Behörde für Montag versprochen.

Mehrere Teilnehmer berichten zudem, sie seien weder über ihre Rechte noch über den Grund der Festnahme informiert worden. Auf Nachfrage habe es bloss geheissen, es handle sich um eine Personenkontrolle.

Auch nächstes Jahr wieder
Auch Zürcher landete in der Sammelzelle, obwohl er gar nicht auf dem Messeplatz war. Ihn hielten die beiden Zivilpolizisten (der Harley-Fahrer, der keiner war und die Ermittlerin, die sich im Gebüsch versteckt hatte) noch in der Vogelsangstrasse fest, wo er mit einer grossen Tasche mit vorrätigen Tortenscheiben unterwegs war. In einem Untersuchungsraum der Tiefgarage im Waaghof durchsuchten die Polizisten Zürcher, der sich dafür nackt ausziehen musste. Schliesslich wurden von allen Abgeführten Fotos gemacht vor einem Schild, auf dem «Favela Aktion» stand.

Nach zwei bis drei Stunden in der Sammelzelle wurden alle Festgenommenen dann freigelassen. Weshalb sie festgehalten wurden, erfuhren sie auch dann nicht. Die Tortenscheiben immerhin durften sie wieder mitnehmen, sagt Zürcher und lacht.

«Wir werden es nächstes Jahr wieder versuchen und jedes weitere Jahr, das kommt», kündigt Fontanilles an. Immer am letzten Freitag der Art Basel, immer um 19 Uhr auf dem Messeplatz. Und hoffentlich mit mehr Leuten, von Hunderten träumt der Kunstlehrer. «Bis uns die Polizei lässt», ergänzt Zürcher, «und die Luft draussen ist».

Angriff gegen Immobilien Basel-Stadt

gefunden auf indymedia:

Scherben bei Immobilien Basel-Stadt

Während an der Spontandemonstration gegen den Abriss von Uferlos & Haafescharte bereits der Spiegelhof (Bullenwache), die Staatsanwaltschaft und die LadyBar als Mitverantwortliche angegriffen wurden, haben wir in der Nacht vom 15. Juni 2014 – als solidarische Ergänzung – Immobilien Basel-Stadt (Eigentümerin des geräumten Areals) besucht und für Glasbruch gesorgt.

Jede Räumung hat ihren Preis.

Für einen heissen Sommer!

Podiumsdiskussion zu Zwischennutzungen & Freiräumen gestört

Am Freitag, den 13. Juni 2014, fand im Literaturhaus Basel eine Podiumsdiskussion mit dem Titel «Zwischen Nutzung, Freiraum und Stadtentwicklung in Basel» statt. Eingeladen waren Thomas Kessler (Leiter Kantons- und Stadtentwicklung Basel-Stadt), Jacques Herzog (Architekt bei Herzog & de Meuron), Fabian Müller (I_Land und Verein Neubasel) und einige weitere. Auch die Verantwortlichen von Shit Mode waren anwesend. Vor der Veranstaltung wurden Flyer verteilt, im Anschluss kam es zu einer Störaktion mit ca. 40 Beteiligten: Gleich zu Beginn haben die Protestierenden das Wort ergriffen und eine Rede verlesen. Danach verliessen sie den Saal und führten in nächster Nähe eine eigene Veranstaltung – ohne Expert*innen – mit den Themen Freiraum, Vereinnahmung und Perspektive durch.

Parallel dazu wurde Thomas Kessler während des Apéros im Literaturhaus Opfer eines Tortenangriffs.

Nachfolgend der verteilte Flyer:

Eine Vision
Vorletztes Jahr wurde öffentlich bekanntgegeben, was Stadtplaner und Stararchitekten sich für die Zukunft des Hafenareals wünschen: Eine Hochhausinsel für die Reichen mit dem klingenden Namen Rheinhattan. Da die Quartiere in der unmittelbaren Nachbarschaft eines solchen Projekts erfahrungsgemäss umgepflügt werden, wurde „Rheinhattan“ im Klybeck und in Kleinhüningen besonders schlecht aufgenommen. Seit einiger Zeit hüten sich die sogenannten Meinungsträger, den Namen des Projekts überhaupt noch in den Mund zu nehmen. Das heisst aber nicht, dass die Vision eines Luxusquartiers als solche fallengelassen wurde.

In der Zwischenzeit
Zwischen dem Ende der Hafennutzungen und dem geplanten Baubeginn liegt eine Zeitspanne von mehreren Jahren. Um eine unkontrollierte Nutzung der freigewordenen Flächen zu verhindern, die der Endnutzung Probleme machen könnte, organisierte die Stadt eine Ausschreibung für Zwischennutzungen. Die in einem undurchsichtigen Verfahren auserwählten Projekte sahen sich von Anfang an mit hohen bürokratischen Hürden konfrontiert. Dies lässt sich dadurch erklären, dass  die Zwischennutzungen Teil eines von der Stadt vorbestimmten Drehbuches sind: der Obrigkeit als Auserwählte dankbar sein, die freigewordenen Flächen moderat „bespielen“, die Attraktivität des Areals steigern und bei Baubeginn den Platz besenrein abgeben.
Hier von „Freiraum“ zu sprechen, ist einer jener Euphemismen, mit der die Rhetorik der Stadtplaner so reich gesegnet ist: Die Zwischennutzungen sind nicht Selbstzweck, sondern Teil einer von oben bestimmten Choreographie, ein Spielplatz unter Aufsicht der zukünftigen Investoren und ihrer Freunde in der Verwaltung.

Ungebetene Gäste I
Letztes Jahr besetzte der seit längerem hin- und hergeschobene Wagenplatz den hinteren Teil der Ex-Migrol-Brache. Was anfangs noch als harmloser Farbtupfer deduldet wurde, wuchs schnell und unkontrolliert zu etwas heran, was in dieser Stadt so schrecklich fehlt und was jedem Zwischennutzungsverwalter den Schreck in die Knochen fahren lässt: eine wilde Mischung aus wohnen und hängen, kochen und essen, basteln und hämmern, experimentieren und bauen, tanzen und trinken, saufen und feiern, diskutieren und streiten, organisieren und reflektieren, Lärm und Musik, Feuer und Rauch, Pflanzen und Kies, Bauschaum und Blech – alles in einer spontanen Architektur, die keine Bewilligungen und keine Normen kennt. Die Signale, die dieser Ort aussandte, waren zu stark – eindämmen, zurückdrängen, einbinden, kontrollieren, einzäunen, plattwalzen.

Ungebetene Gäste II
Um das umzusetzen, brauchte das rotgrüne Basel natürlich ein Feigenblatt: Zwischennutzungen sollten den Wildwuchs zurückdrängen. Erfreulicherweise fand sich niemand, der sich für das schmutzige Spielchen instrumentalisieren liess. Dann kamen die Fussballplätze. Nach einer Demo mit 500 Leuten und einer öffentlichen Auseinandersetzung, welche das plumpe Ausspielen von vermeintlichen Bedürfnissen der QuartierbewohnerInnen gegen die Hafenbesetzung aufzeigte, war die Idee auch schon wieder vom Tisch.
Mitte April fand sich dann endlich jemand, der der Stadt aus der Patsche half: Der Verein Shiftmode, kein Zwischennutzer wie die anderen, sondern ein eigentlicher Zwischennutzungsverwalter, der anderen die Bewilligung auf „seiner“ Fläche erteilt und entzieht, der eine neue Hierarchiestufe am Hafen besetzt.
Dann kam noch die Kunstmesse Scope, die dieses Jahr plötzlich genau dort Parkplätze benötigte, wo die Kreativität nicht der Verwertungslogik untergeordnet war.
Nach zwei Monaten der unverbindlichen Gespräche, der netten Worte, der mündlichen Zusagen, der kompromittierenden Angebote, der leeren Floskeln, der unverhohlenen Drohungen, des dümmlichen Hin- und herschieben der Verantwortlichkeiten hatten die Stadt und ihre treu ergebenen Partnern den Boden für die Räumung geebnet. Die einzige öffentliche und unmissverständliche Solidaritätsbekundung aus dem Hafen kam von unseren Nachbarn von der Landestelle. Ihnen an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank.
Am 3. Juni wurde der öffentliche Teil der Hafenbesetzung polizeilich geräumt, 36 Leute wurden eingepackt und warten auf ihr Verfahren. Der Wohnteil wurde eingezäunt, der Rest plattgewalzt. Alles hat seine Ordnung, alles ist an seinem Platz. Es wird nicht so bleiben.
Der Scope wünschen wir ein Publikum, das über sie lacht, dem Verein Shitmode – Schiffbruch.

Und dem rotgrünen Basel einen mühsamen Sommer.

 

… und die verlesene Rede:

 Sehr verehrtes Publikum

Wir möchten Sie darüber in Kenntnis setzen, dass Sie womöglich dem Irrtum aufgesessen sind, an einer öffentlichen Diskussion über Freiraum und Zwischennutzungen teilzunehmen, tatsächlich jedoch eine PR-Veranstaltung von Verwaltung, Kunst und Kapital besuchen.

Wir erlauben uns, zu Beginn dieser Veranstaltung die wichtigsten Punkte vorwegzunehmen. Keine Angst: Die Diskussion selbst wird von uns nicht gestört. Nachdem wir hier gesprochen haben, werden wir das Literaturhaus verlassen und auf den Münsterplatz gehen. Dort wird in
15 min eine Paralleldiskussion stattfinden, an der man sich kritisch und praxisbezogen mit
dem Thema auseinandersetzen kann.

Falls Sie befürchten, etwas zu verpassen wenn Sie an der Diskussion draussen teilnehmen, hier:

Eine kurze Zusammenfassung des folgenden Podiums

Im nachfolgenden Gespräch werden sich die Rednerinnen und Redner in erster Linie bebauchpinseln und Honig ums Maul schmieren. Sie, werden sich gegenseitig für ihre Arbeit loben. Auch Herzog wird nicht zu kurz kommen und wird in hymnischen Tönen von seinen Visionen erzählen. Die Zwischennutzer_innen, auch ‚Raumpioniere genannt, werden als alternativ und kreativ dargestellt und die Stadt, bzw. ‹aktive Verwaltung›, zeigt sich als offene und niederschwellige Anlaufstelle für ‹innovative› Projekte. So ergibt sich für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. Auch werden die kürzlich noch öffentlichen und inzwischen niedergewalzten Projekte auf dem Wagenplatz – aus dem Win-Win ausgeschlossen – als eigentlich ganz lässige Projekte bezeichnet.

Zu den Beteiligten

Wir möchten Ihnen zwei der geladenen Gäste kurz vorstellen, deren Positionen unseren Auffassungen entgegenstehen: Den Architekten Jacques Herzog, der in verschiedenen Interviews sinngemäss sagte, dass Politiker, Investoren und Städteplaner Modelle entwickeln müssten (1), dass in Ländern, in denen einzelne Politiker über eine grössere Machtfülle verfügen (2) sowie bei privaten Investoren, architektonische Vorhaben linearer (3) und rascher (4) umgesetzt werden könnten. Weiter behauptete er, dass die Menschen nur über die Rezeption von Expertengesprächen «das schwierige Thema Architektur» (5) verstehen könnten.

Solche Aussagen zeugen von einem elitären Verständnis von Landschafts- und Stadtentwicklung. Und wir stellen Ihnen Thomas Kessler vor, der seine Funktion als Stadtentwickler mit einer im Netz sitzenden und antizipierenden Spinne verglich, die helfen müsse, das Netz da zu spannen, wo dann auch wirklich Erfolg eintrete (6).

Ein Spinnennetz scheint die passende Allegorie zu sein; denn bei einem solchen Netz handelt es sich um eine Falle und wir fragen uns, wovon sich diese Spinne ernährt, wer da gefangen, eingewickelt und einverleibt werden soll. Vor dem Hintergrund dieses elitären Selbstverständnisses scheint die angekündigte Diskussion eine Farce.

Raum ist das Produkt sozialer Praxis. Was wir erfahren, sind heterogene Orte von lokaler und sozialer Bedeutung und Ausdehnung. Räumliche Strategien, wie beispielsweise die Entwürfe von Metropolen oder das Moment der Disziplinierung in der räumlichen Gliederung, sind mit Praktiken von Macht und Kontrolle verbunden. An der Erzeugung von Alltagsräumen sind einerseits die strategischen Praktiken von Design und Verwaltung und andererseits jene der Nutzung beteiligt.

Übersetzen wir ‹frei› als die Möglichkeit zur Selbstbestimmung, wäre Freiraum demnach Raum, in dem Individuen über freien Zugang, eigene Lesarten, Bedeutungen und selbstbestimmte Nutzungen verfügen. Ist die Lesart und Gestaltung, der Zugang oder der Ausschluss von Individuen zu Räumen oder Zonen bereits vorgeschrieben, so handelt es sich nicht um Freiraum.

Die zeitlich begrenzte und von der Verwaltung moderierte Zwischennutzung von Stadtraum durch bewilligte Projekte, die so lange geduldet sind bis eine definitive kommerzielle Nutzung umgesetzt wird, kollidiert mit der vorher genannten Definition von Freiraum. Der Diskurs über Freiraum kann nicht von jenen beansprucht werden, deren Funktion gerade das Verhindern, Zubetonieren und Einverleiben von Freiraum in eine ökonomische Logik impliziert. Der Diskurs kann nur von den Menschen geführt werden, die die Räume bewohnen, sich im Alltag in ihnen bewegen und sie beleben.

Wir laden deshalb ein, über den Sinn und Unsinn des Begriffs Freiraum, warum er abgelehnt oder zurückgefordert wird, draussen zu diskutieren.


1 http://www.schweizer-illustrierte.ch/stars/schweiz/ihr-glanzstueck-fuer-basel
2 http://www.schweizer-illustrierte.ch/stars/schweiz/ihr-glanzstueck-fuer-basel
3 http://www.youtube.com/watch?v=pyyQH2u0-bA
4 http://www.badische-zeitung.de/basel/wo-die-stadtentwicklung-von-basel-hingehen-soll–77866836.html
5 http://www.schweizer-illustrierte.ch/stars/schweiz/ihr-glanzstueck-fuer-basel
6 http://www.spalentor-verlag.ch/ueber-uns/sonderhefte-bwiebasel/kantons–und-stadtentwicklung-basel- stadt.html
Was ist Freiraum?

Abwertung an der Uferstrasse

via sda/Tageswoche:

Unbekannte kappen in Basel 90 Birken – Strafanzeige eingereicht

Unbekannte haben entlang der Uferstrasse am Basler Klybeckquai über 90 junge Birken geknickt. Die Stadtgärtnerei, die den Schaden auf rund 40’000 Franken beziffert, hat Strafanzeige eingereicht, wie sie am Donnerstag mitteilte.

Allein in der Nacht auf letzten Sonntag kappten Vandalen 61 Birken auf rund 30 cm Höhe. Die abgeknickten Baumstämme liessen die unbekannten Täter liegen. Weitere 30 Bäume waren schon früher zerstört worden, wie es im Communiqué heisst.

Die Birken befanden sich in jenen 260 mit Bäumen und Gräsern bepflanzten ehemaligen Stapelpelboxen, die die Stadtgärtnerei letzten Sommer entlang der Uferstrasse aufgestellt hatte. Dort entstand im Rahmen der Öffnung des Klybeckquais für den Langsamverkehr eine Promenade.

Solidarität aus Freiburg i.B. und Berlin

gefunden auf indymedia:

100 auf Sponti gegen Wagenplatzräumung in Basel

Am Abend des 3. Juni demonstrierten in Freiburg über 100 Menschen in Solidarität mit der heute früh teilweise geräumten Wagenburg IG Hafenplatz in Basel. Zahlreiche kulturelle Projekte die im Dunstkreis der Basler WagenbewohnerInnen entstanden waren, wurden heute früh vernichtet – in Bildern, die uns an die Räumung von Kommando Rhino auf der Vauban vor zweieinhalb Jahren erinnern. Wir entschlossen uns kurzfristig eine Spontandemo unter der Hand zu mobilisieren, die am Abend lautstark durch die Innenstadt zog.

Am heutigen Abend versammelten sich zahlreiche Linke am Augustinerplatz in Freiburg. FeuerjongleurInnen aus der Wagenszene veranstalteten bei Einbruch der Dunkelheit ein kleines Feuerinferno. Wir solidarisieren uns mit der Sponti mit den Basler WäglerInnen, von denen zahlreiche am Vormittag von der Polizei festgesetzt wurden. Wir wünschen den verletzten GenossInnen gute Besserung!

Gegen 22:30 Uhr formierte sich ein Demozug mit mobilem Sound und einem Beamer, der Bilder der Wagenburgen projizierte. Ein größerer Umzug verlief dann lautstark über Salzstraße, Kajo, Bermudadreieck, Bertoldstraße, Konzerthaus und Blaue Brücke bis zum Stühlingerpark. Dort wurde die recht erfolgreiche und von Action-Samba begleitete unangemeldete Aktion aufgelöst.

Wichtige Infrastruktur unserer Wagen-FreundInnen aus Basel wurden heute morgen Opfer der Gentrification im Hafengebiet der Rheinknie-Metropole. Wir sind stinksauer dass schon wieder mit Gewalt und ohne Weitsicht gegen alternative, experimentelle und Kommerz-kritische Wohnformen und Initiativen vorgegangen wird.

Auch wir protestieren dieser Tage gegen die Vertreibung und Beschlagnahme der Wagen von Sand im Getriebe, sowie gegen das drohende Aus des KuCa in Freiburg. So protestierten heute erneut WäglerInnen vorm Gemeinderat. Bei Sekt und angemessener Kleidung wurden GemeinderätInnen dazu eingeladen, durch einen „Laster“ hindurch zur Sitzung zu gehen. Auf einem Transparent war zu lesen: „Experimentelle Wohnformen begrüßen den Gemeinderat“.

Im Rahmen des Jubiläums des Autonomen Zentrum KTS ist es uns wichtig auch Solidariät zu praktizieren. Es gab eine Radtour zu linken Räumen wie SUSI, G19, Grether und KuCa und in einem Vernetzungstreffen Autonomer Räume aus der Region wurde sich bereits mit dem vergangene Woche in Barcelona geräumten Can Vies solidarisiert.

Am 5. Juni ist eine antifaschistische Gedenkkundgebung in Freiburg geplant. Und jetzt erst recht werden wir am Samstag für mehr Wagenleben demonstrieren und tanzen. Kommt nach Freiburg am Samstag den 7. Juni 2014: You can get it if you really want – Love or Hate Parade 7.0! Autonome Geburtstagspolonaise der KTS für den Ausbau und die Verteidigung autonomer Räume für Kunst und Kultur!

Rückt die Karren raus! Lasst die Leute frei! Rheinhattan fuck off as Green City!
Für viele Wagenplätze in Freiburg, Basel und überall!

 


 

Auch die Brunnenstrasse 6/7 (Berlin) zeigt sich solidarisch:

Wir solidarisieren uns mit der am 3. Juni geräumten “Uferlosen freiheit”, sowie dem Kinderspielplatz und der nachbarschaftlichen Grillstelle an der Uferstrasse in Basel.Wieder einmal mussten selbstbestimmte Freiräume den Kapitalinteressen einer eventorientierten, ausverkauften Stadtpolitik weichen.

Solidarität

Uferlos & Haafescharte abgerissen!

Update vom 6. Juni:

Ein Zusammenschnitt der Ereignisse der letzten Wochen gibt’s hier:

[vimeo]http://vimeo.com/97462449[/vimeo]


Update vom 5. Juni:

Seit gestern Abend sind alle Verhafteten wieder auf freiem Fuss!


gefunden auf indymedia:

Heute Dienstag, wurde ein Teil des Basler Wagenplatzes mit Polizeigewalt geräumt! Die öffentlichen, unkommerziellen und gemeinschaftlich aufgebaut wie betriebenen Lokale „Uferlos“ und „Haafescharte“ fielen dabei den Bulldozern zum Opfer. Nach fast einem Jahr „Duldung“ durch die Regierung wurde heute der letzte Raum in der Stadt Basel, in welchem sich alle Menschen autonom, losgelöst von gesellschaftlichen Zwängen und kollektiv organisieren konnten eingestampft. Die Stadt Basel hat diesen Raum für eine Fläche geräumt, welche in Zukunft von einer Kunstmesse (Scope, ArtBasel) als Parkplätze und danach, von den ach so hochgepriesenen Zwischennutzern des Vereins „shiftmode“, in kommerzieller Art genutzt werden soll.

Die Räumung des öffentlichen Bereiches wurde durch fast 100 BesetzerInnen, brennende Barrikaden und etliche SympatisantInnen erschwert, dauerte um die 8 Stunden und es wurden ca. 40 Personen abtransportiert, davon wurden 6 Personen effektiv verhaftet und sitzen weiterhin im Knast.

Am Abend zog eine dynamische Demonstration vom Kleinbasel, über die Mittlere Brücke, vorbei am Spiegelhof (Bullenwache) und dem Hauptsitz von Immobilien Basel (Besitzer der geräumten Fläche), welche beide mit Sprüchen und Slogans markiert wurden, über den Markt- und Barfüsserplatz zum Untersuchungsgefängnis Waaghof. An dieser Stelle wurde etliche Scheiben und Fassadenstücke eingeworfen. Die Demonstration zog daraufhin zurück durch die Innenstadt in Richtung Kleinbasel. Beim Lokal der von „shiftmode“ betriebenen Ladybar, wurden wiederum Leuchtreklamen und Aussenwerbung eingeworfen sowie Transparente und Slogans angebracht. Die Demonstration endete anschliessend ohne weitere Repressionen an der Dreirosenbrücke.

Ihr wollt uns vertreiben? Wir werden ungemütlich bleiben!


Video der Räumung:

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=RoaLs8sSF4A[/youtube]

Video der Spontandemo:

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=oFKDNj2bZdg[/youtube]

 

Mehr Infos später.

Radio X kurzzeitig besetzt

gefunden auf indymedia.org:

Heute Freitag Abend [30.5.14] gegen 21:00 Uhr wurde das Studio von Radio X von 20 Sympathisantinnen und Sympathisanten der Besetzungen an der Uferstrasse friedlich besetzt. Sie erreichten damit, dass sie Life [sic!] eine Erklärung zu den von der Räumung bedrohten Projekten abgeben konnten.

Hallo liebe Hörerinnen und Hörer von Radio X.

Wir sind Sympathisantinnen und Sympathisanten der IG Hafenplatz.

Wir haben gerade das Studio von Radio X besetzt, um eine Erklärung abzugeben.

Das besetzte Radio X

Die meisten von euch haben es wohl schon mitbekommen: Die Besetzungen an der Uferstrasse im Klybeck sind akut von der Räumung bedroht. Auf einer riesige Brache haben sich vor einem Jahr verschiedene Projekte nieder gelassen, frei von Auflagen, Gesetzesparagraphen und Bewilligungen. Da ist der Wagenplatz, eine Wohngemeinschaft, die in Bauwägen wohnt. Daneben gibt es eine Bar mit Lounge, aber ohne Konsumzwang, ein Veranstaltungsraum, ein Spielplatz, eine Holzwerkstatt, eine Metallwerkstatt, offene Bühnen, und vieles mehr.
Alles zusammen bilden wir die IG Hafenplatz. Wir wollen, dass die Brache ein öffentlicher, unkommerzieller und selbstverwalteter Raum ist, der nicht nur von uns, sondern von allen BewohnerInnen des Quartiers und generell von allen Interessierten genutzt wird.

 

Leider ist dies nicht im Interesse der Stadt. Sie hat vor Kurzem mit dem Verein Shift Mode einen Vertrag abgeschlossen, der dem Verein 12’500m2 der Brache zuspricht. Für uns würden damit nur noch 2500m2 übrig bleiben, das ist weniger als die Hälfte der Fläche, die wir jetzt nutzen. 2500 m2 tönt nach einer grossen Fläche, aber wie sollen all unsere Projekte auf 50×50 m Platz finden? Allen Beteiligten war klar, dass der Besetzung damit das Genick gebrochen werden soll.

Sehen wir einmal den Tatsachen ins Auge. Den Basler Behörden geht es weder um ShiftMode noch um die Parkplätze von Scope. Es geht darum, dass alternative, selbstorganisierte Räume klein bleiben sollen. Sie sind für die Behörden so lange ok, wie sie übersichtlich und somit kontrollierbar sind. Wer mit unterschiedlichen Lebensformen experimentiert, muss in Zaun gehalten werden. Die Dynamik, die sich hier bei uns entfaltet hat, hat ein weit verbreitetes Bedürfnis gerade bei jungen Menschen nach solchen sogenannt „Rechtsfreien Räumen“ aufgezeigt. Das passt der Stadt nicht, darum sollen der IG Hafenplatz die Zähne gezogen werden.

Dazu kommt noch etwas anderes. Hier, entlang der Uferstrasse will die Stadt das gigantische Bauprojekt „Rheinhattan“ errichten. Da ist es der Stadt wichtig, diese Gegend unter ihrer Kontrolle zu halten. Das funktioniert mit Zwischennutzungen, aber Besetzungen könnten künftig ein ernsthaftes Problem darstellen.

Aber uns schreckt das nicht ab. Wir haben ein gutes Verhältnis zu den Anwohnerinnen und Anwohnern des Quartiers, wir sind hier willkommen. Wir wissen, dass wir einen grossen Rückhalt geniessen. Hunderte von Menschen sind in der letzten Woche hierher gekommen, haben sich an verschiedensten Aktionen beteiligt, eine Petition für den Wagenpaltz lanciert, und gemeinsam diskutiert. Viele sind sogar gleich mit dem Zelt gekommen.
Wir rufen alle, die das hören, dazu auf, sich mit uns für den Hafenplatz einzusetzen und zu verhindern, dass wir zu Tode geschrumpft werden. Wir bleiben alle! Kommt vorbei, übers Wochenende gibt es viel Programm.
Heute Abend um 22 Uhr treffen wir uns auf dem Wagenplatz, um mit einer Musikparade durch die Stadt zu ziehen. Morgen Samstag gibts ab 14 Uhr zum Einen einen Kindernachmittag und zum anderen HipHop-Konzerte, von Nachmittags um 14 Uhr bis in die Nacht hinein. Um 18 Uhr gibt es zudem eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema Stadtentwicklung und Zwischennutzungen.
Und ab Montag sind wir ganz offiziell Räumngsbedroht. Wir rufen deshalb dazu auf, sich jetzt zu uns auf die Brache zu kommen und dort eine Zeltstadt einzurichten. Solidarität muss praktisch werden! Lass uns ein Schutzschild aus Zelten auf dem Platz sein! Wir gehen erst, wenn die Stadt und der Verein Shift Mode unseren Lebensraum und Freiraum so wie er jetzt ist in Ruhe lässt.

Warum Shift Mode Scheisse ist!

Folgender Flyer ist an der Demonstration für den Hafenplatz gestern Abend verteilt worden (Hier die PDF-Datei):

„Den Animatoren des «Uferlos» wünschen wir, dass sie den Weg der Illegalität verlassen und Ihre Energie mittels einem planungssicheren Projekt auf der Parzelle von Shift Mode einbringen.“
Zitat Verein Shit Mode

Dies erklärt der Verein Shit Mode in der Tageswoche. Was lesen wir daraus?

Menschen mit Hang zur Ironie sagen, der Verein Shit Mode habe überhaupt keine Ahnung, was er in den kommenden Jahren auf der Hafenparzelle treiben will. Die Schwammigkeit des formulierten Projekts und die offensichtliche Profilierungssucht der beteiligten Personen sprechen dafür.

Schaut man sich die Statements der Shit-Mode-Leute in den Medien an, wird klar, dass sie sich eher als «Verwalter» der kommenden Zwischennutzungen denn als eigentliche Zwischennutzer sehen.
Zwischen den regulären Zwischennutzern ganz unten und der Regierung ganz oben in der Hierarchie soll nun der Verein Shit Mode eine Zwischenstufe bilden. Sie wünschen sich engagierte Quartierbewohner_innen, die unter dem Banner von Shit Mode Projekte verwirklichen, bei denen Shit Mode aber immer das letzte Wort hat. In diesem nichtssagenden Rahmen hat alles Platz, was bereit ist sich unterzuordnen.

Ein so «organisch gewachsenes Projekt engagierter Quartierbewohner_innen», wie es das Uferlos darstellt, käme dem Verein da natürlich sehr gelegen. Sie müssten nichts tun, könnten sich das Uferlos einfach einverleiben, ihr Etikett darauf kleben und alle würden sie für ihre grossartige Zwischennutzertätigkeit loben. Arschlöcher.

Die beschriebene Sichtweise der Menschen mit Hang zur Ironie ist emotional verständlich; doch es geht um mehr, um viel mehr.

Letztlich ist es egal, wie profilierungssüchtig, karrieregeil, degeneriert und verblödet die Leute von Shit Mode sind: der Begriff Rekuperation beschreibt, grob zusammengefasst, die Wiedereingliederung eines subversiven Moments, einer subversiven Geste in die bestehende Ordnung. Beschreibt also genau das Bestreben von Shit Mode, das Uferlos zu legalisieren.
Vereinfacht: Etwas fällt aus dem Rahmen, eckt an, hätte das Potential, der herrschenden Ordnung gefährlich zu werden.
Denk beispielsweise an die Punks in den 80ern.
Das produziert ein Feedback in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, in der Politik; also in der herrschenden Ordnung. In der Folge setzen verschiedenste Kräfte alles daran, diese subversive Geste zu entkräften, wieder in den Bereich des Kontrollierbaren, Steuerbaren, Lenkbaren zu holen. Das passiert fast ganz von alleine, ohne Strippenzieher und Weltverschwörung im Hintergrund. In diesen Prozessen verwirklicht sich die herrschende Logik jeden Augenblick aufs Neue.

Wie also entkräftet man eine subversive Geste von einiger Sprengkraft? Richtig, indem sie schnellstmöglich zur simpelsten Ware degradiert wird und sich somit auch den Gesetzmässigkeiten der Warenwelt unterwirft.
Im Endeffekt kaufen sich 15jährige zerrissene Jeans bei H&M, lassen sich vom Friseur den Iro stellen, ordern ihre Schlachtrufe-CD bei Ebay und denken das sei Punk. Was einmal scharfe Eckzähne und einen Beissreflex hatte, der sich sehen lassen konnte, wurde kontrollierbar und ungefährlich. Die Zähne sind gezogen.

Wenden wir das Ganze auf das Uferlos an: Dieser Ort ist wild gewachsen, ein Sammelbecken für alle möglichen Leute und vor allem eins: unglaublich undurchsichtig.

Die Kindergärtnerin, die am Samstag Nachmittag Kinderspielprogramm macht, fühlt sich dort genauso wohl wie der FCB-Fan und die anarchistische Steineschmeisserin. Das birgt natürlich einige Sprengkraft, oder anders gesagt: dieser Ort ist ein subversiver Gefahrenherd für alles, was von oben herab für das Hafenareal geplant wird.
Das weiss die Stadt, das wissen die Planerinnen und Planer von Rheinhattan. Also müssen sie etwas tun.

Und was genau tun sie?
Natürlich: man sucht sich einige linke Gutmenschen, die zu blöd sind hinter die Kulissen zu sehen. Der Vergleich mit der herkömmlichen Sozialdemokratie bietet sich an: rückgratlos, opportunistisch, und für einen von der Obrigkeit abgegebenen Krümel vom Kuchen noch für jeden Verrat an der Sache zu haben.
Die Geschichte gibt uns recht: Deutschland 1918, die 68er und die 80er Bewegung, die Antiglobalisierungsbewegung, die Frauenbewegung und und und.
Die Sozialdemokrat_innen haben noch immer bewiesen, dass sie sich prächtig darauf verstehen emanzipatorische Kräfte zu kanalisieren, sie in wohlgeordnete Bahnen zu lenken, die sich innerhalb des herrschenden Rahmens befinden.

Natürlich gibt es unter den Sozialdemokrat_innen immer auch noch einige Menschen, die wirklich etwas Grosses im Sinn haben und einfach von allen Seiten, zuallererst von ihren eigenen Führer_innen, verarscht werden; dergleichen lässt sich über Shit Mode nicht sagen, da sie ja in der Rolle der Führer_innen sind.

Diese vermitteln zwischen der Obrigkeit und dem potenziell subversiven Pöbel. Dabei übernehmen sie die Rolle der Obrigkeit gleich selbst, unter freundlicher Zuhilfenahme der von der Obrigkeit bereitgestellten Strukturen und Institutionen.
Für ein bisschen Selbstverwirklichung, Geld und Macht ist ihnen alles recht. Sogar, wenn ein organisch gewachsener „Ort der Begegnung“, der seinem Wesen nach ja eigentlich allen vordergründigen Verlautbarungen von Shit Mode entspricht, zerstört wird, weil er sich nicht unterordnet.

Völlig offensichtlich geht es um Macht und Kontrolle über das ausufernde Uferlos und nicht im geringsten um eine andere Sache als jene, die herrschende Ordnung zu zementieren.

Klingelt‘s? Shit Mode wurde von der Stadt eingesetzt, um den aufmüpfigen Hafenplatz zu kontrollieren und um die nicht linientreuen Zwischennutzungen von oben herab zu massregeln.
Es ist nur logisch, dass die Regierung diese Verantwortung niemandem überlässt, der den geplanten Entwicklungen auch nur minimalst hinderlich werden könnte. Die Intention der Regierung ist es, jene Teile des Hafenplatzes, die ihre Gesichter noch nicht der Transparenz geopfert haben, kontrollierbar zu machen, ihre Projekte in die Legalität zu überführen oder sie zu vernichten.

Ob den Leuten von Shit Mode ihre Rolle bewusst ist oder nicht, spielt nur insofern eine Rolle, als dass wir sie ihnen bewusst machen sollten.

DEN REKUPERATEUREN AUFS MAUL!

Teilweise Räumung des Wagenplatzes ab 1. Juni möglich

via Tageswoche:

Regierung stellt Wagenplatz ein letztes Ultimatum bis Sonntag

Die Regierung hat entschieden. Bis Sonntag muss sich der Wagenplatz zurückziehen, sonst wird geräumt.

Für einmal sagt Regierungspräsident Guy Morin sogar, wie die Abstimmung an der Regierungsratssitzung vom Dienstagvormittag gelaufen ist: «Wir waren geschlossen dafür, dem Wagenplatz ein letztes Ultimatum zu setzen.» Bis Sonntag sollen sich die Wagenleute auf 2500 Quadratmeter zurückziehen, das sei das letzte Wort.

Dem regierungsrätlichen Machtwort vorausgegangen ist eine Eskalation zwischen den Wagenleuten und den anderen Nutzern des ehemaligen Migrolareals am Klybeckquai. Der Wagenplatz und die anderen Besetzer nehmen aktuell mehr als das Doppelte der Fläche ein, die ihnen Mitte April zugesprochen wurde.

Nächsten Montag beginnt die Kunstmesse «Scope» mit dem Aufbau. Danach beginnt der Verein «shift mode» damit, die Fläche zwischenzunutzen. Am Wochenende ist der Konflikt aufgebrochen, böse Worte wechselten die Seite, der Wagenplatz mobilisierte zu einem Solidaritätsumzug. 2500 Quadratmeter seien nicht genug, deshalb müsse neu verhandelt werden.

«Neue Verhandlungen kamen für uns nie in Frage», sagt Morin. Das Vertrauen des Regierungsrates werde stark strapaziert und er bedaure, dass es zu einer Eskalation kommen könnte. «Wir zeigten uns tolerant, aber unser Entgegenkommen wurde offensichtlich nicht wertgeschätzt», sagt der hörbar verärgerte Morin. Er gehe jedoch davon aus, dass sich die Wagenleute bis Sonntag auf die verlangte Fläche zurückziehen und es nicht zu einer Räumung komme. «Sonst verspielen sie den Goodwill der Bevölkerung und der Politik.»

Sollte es doch so weit kommen, dann werde jedoch nur der Teil der Fläche geräumt, welcher ausserhalb des geduldeten Perimeters liegt, sagt Morin weiter. Man sei weiter bereit, die ausgesprochene Duldung gelten zu lassen. Die Frage, wie man sich eine solche Teilräumung vorstellen müsse, sei letzlich der Entscheid der Polizei.

Für eine offene Feind­­schaft mit Raubtieren

In den letzten Tagen ist in Basel eine Broschüre zu Zwischennutzungen mit dem Titel Für eine offene Feindschaft mit Raubtieren (PDF) verteilt worden.

Von jetzt an steht also das 57 auf dem Menüplan. Wie wir schon in den letzten Jahren entlang der Feldberg- und Klybeckstrasse beobachten konnten, hat dort eine beispielhafte Aufwertungsspirale begonnen: Das Clara/ Matthäusquartier, ehemals noch geächtet und gemieden, wurde aufgrund seines Grossstadt­flairs zunehmend zum begehrtesten Wohnort für die Horden dieser jungen, kosmopolitischen Hochschulabgänger_innen mit ihren Karrierechancen und behüteten Familienhintergründen. Und wie es sich gehört, träumten sie alle von ihren alternativen Bars, gut ausgestückten Plattenläden und schnuckeligen Eckkaffees, die ranzige Multikulturalität und besten italienischen Kaffee kombinieren. Dass sie damit die Grundstücke aufwerten würden, das war natürlich niemandem von Ihnen klar, sie hatten ja auch nie böse Absichten. Trotzdem folgten ihnen die Investoren, die die Zeichen richtig gelesen hatten.
Heute verschwinden die Alkoholabhängigen sukzessive aus diesem Stadtbild und werden mit jungen, aufstrebenden Müttern und ihren spielenden Kindern ersetzt. Ihnen zum Trotz stirbt die Stadt vor unseren Augen weg.

Besetzung an der Uferstrasse akut bedroht!

per Mail erhalten:

Jetzt geht’s rund!

Ab Montag drohen die Zwischennutzer Scope und Shift Mode mit rechtlichen Konsequenzen und schafft somit die Grundlage für eine Räumung des Hafenplatzes. Trotz mehrmaligen Lösungsvorschlägen unsererseits und der signalisierten Kompromissbereitschaft, bestehen die Zwischennutzer sowie Verwaltung und Regierung darauf, dass wir bis am Montag 26.05.2014 den Platz bis auf die zugesprochenen 2500 m2 frei geben sollen! Für uns ist dies nicht zu bewerkstelligen, auf dieser Fläche ist ein Weiterbestehen und somit die Existenz nicht mehr möglich. WIR BLEIBEN ALLE!

Darum rufen wir auf, ab heute 24.05.2014 auf den Hafenplatz zu kommen, wir möchten friedlich, bunt und kreativ aufzeigen, dass wir nicht gewillt sind, uns aufgrund von wirtschaftlichen Interessen räumen zu lassen und das wir viele Menschen sind die den Platz zum Leben nutzen.

Wir rufen auf, morgen Sonntag 25.05.2014 ab 12.00 bis auf weiteres mit uns den Hafenplatz zu beleben und schützen. Wenn ihr euch dazu bereit fühlt, bringt eure Zelte mit und campiert nächste Woche mit uns auf dem Hafenplatz, organisiert Aktionen in der Stadt, diskutiert und motiviert eure Freunde und Freundinnen, helft uns jetzt diesen Ort am Leben zu erhalten. Wir sind dabei auf eure Initiative und euer Mitdenken angewiesen, bringt wenn möglich eure Verpflegung mit, auf dem Platz stehen Kochmöglichkeiten bereit,

Am Sonntag um 16.00 treffen wir uns ALLE auf dem Marktplatz zu einem Umzug.

Am Sonntag um 20.00 findet auf dem Hafenplatz eine grosse Vollversammlung statt.

Wir bedanken uns bereits jetzt herzlich bei allen Menschen, welche sich für das weiterleben des Wagenplatzes einsetzen. Lasst es uns gemeinsam wagen!

Berichte zur Demonstration finden sich in den Medien.

Infoveranstaltung „Stadtteilentwicklung für wen?“

via Tageswoche:

Kritische Töne zur Stadtentwicklung im Klybeckquartier

Am Dienstagabend haben die Gegner der Basler Stadtentwicklungspläne in Kleinhüningen der Öffentlichkeit ihre Sicht auf die Ausbau- und Aufwertungspläne in Basel Nord der Quartierbevölkerung vorgestellt.

Wer mit schwarzroten Anarchoflaggen, Besetzerzeichen und finstren Gestalten auf dem Podium rechnete, wurde an der Veranstaltung «Stadtentwicklung, für wen?» enttäuscht. Charmant und witzig moderierten zwei junge Leute die sich als Andy und Kathy vorstellten die Quartierinformation der «IG Klybeckinsel an». Das Interesse ist offensichtlich gross. Mit bis zu 170 Zuhörern vermochten die unbequemen Quartierbewohner mehr Publikum zu mobilisieren, als das Baudepartement und das Stadteilsekretariat bei vorangegangenen Veranstaltungen.

Bürgernah und leicht verständlich erläuterten sie, was sich ihrer Meinung nach hinter den vollmundigen Versprechen der Regierung von Stadtentwicklung und Quartieraufwertung verbirgt: Die Verdrängung von wenig Verdienenden und Vertreibung von Auffälligen und Randständigen aus dem Strassenbild.

Auf der Agenda stehen in Basel eine ganze Reihe von Grossprojekten. Einige bereits mit den befürchteten Folgen (teilweise) vollzogen, wie der Messeneubau, die Bauten um den Novartis-Campus und St. Johann. Im Gang ist der Bau des Rocheturms, des Biozentrums des Kunstmuseums die Überbauung des Dreispitzareals und natürlich die Umbaupläne für den Rheinhafen und Kleinhüningen.
Keine «Marktlogik» für die Basler Stadtentwicklung

Bei diesen Projekten handle es sich, so Kathy, im Stadtplanerjargon um so genannte Leuchtturmprojekte. Durch die ehrgeizigen Projekte aus der Hand renommierter Architekten präsentiere sich Basel im Standortwettbewerb mit anderen Städten als prosperierend, wohlhabend und attraktiv für Wirtschaft und «gute Steuerzahler». Das sei insofern verständlich, erklärte Co-Moderator Andy, als Städte heute wie Wirtschaftskonzerne funktionieren. Sie müssen rentieren und wachsen, um auch weiterhin rentieren zu können. Allerdings sei diese «Marktlogik» für Städte verfehlt. Denn in erster Linie seien Städte Lebensräume.

Was haben also die Bewohner der betroffenen Quartiere von solchen Projekten? «Auf den ersten Blick sieht Stadtentwicklung gut aus, klingt positiv und fühlt sich gut an», sagt Kathy. Sie vergleicht die Quartieraufwertung mit der Renovation eines Hauses. Beides würde letztlich dazu beitragen, dass die Miete steige. Sie belegt ihre Aussage mit sie zahlreichen Beispielen aus dem St. Johann und Kleinhüningen. Durch Neubauten, Renovationen und Handänderungen hätten sich die Immobilienpreise und Mietzinse schon jetzt zum Teil verdoppelt, bis verfünffacht, sagt Kathy.

Dabei haben die Vertreter der «IG Klybeckinsel» nichts gegen Renovationen und bessere Infrastruktur. Dies dürfe aber nicht über die Köpfe der Bevölkerung hinweg geschehen. Kleinhüningen sei eines der wenigen Quartiere, wo sich Mieter und Kleingewerbler mit wenig Geld noch über Wasser halten können. Durch die aktuelle Planung würden aber eben diese Refugien verschwinden. Die Leute müssen wegziehen.

Genau hier setzt eigentlich die gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung durch Quartierbewohner an. Mit Erfolg?

Je eine Verteterin und ein Verteter der Mitwirkungsgruppen für die Erlenmatt-Überbauung und für Kleinhüningen zeigten sich an der Veranstaltung enttäuscht. Die Vertreterin der Erlenmatt-Gruppe gibt an, seit 13 Jahren in der Mitwirkungsgruppe dabei zu sein. «Am Anfang sahen wir dort eine Chance für Basel. Für ein grüneres, durchmischtes, verkehrsfreies und günstiges Wohnen.» Ihre Erwartungen wurden jedoch enttäuscht. Aus der Detailplanung sei die Gruppe ganz ausgeschlossen worden und ihre Anliegen seien zwar im Ratschlag an den Grossen Rat erwähnt, im entscheidenden Bebauungsplan aber nicht realisiert worden.
Frustrierte Begleitgruppe

Der Vertreter der Begleitgruppe Kleinhüningen fand noch deutlichere Worte. Die Gruppe sei ein «Feigenblatt». Immer wieder sei ihnen klargemacht worden, dass Mitwirkung nicht Mitbestimmung heisse. «Was soll dann das Ganze?» Seine Vorwürfe: Es habe der Gruppe an Information und Einfluss gefehlt. Über die Zwischennutzungspläne auf dem Hafenareal erfuhren die Teilnehmer erst aus den Medien. Die Zielszenarien im Ausgabenbericht des Baudepartements widersprächen überdies völlig der Arbeit der Begleitgruppe. In die trinationalen Pläne hätten sie nur begrenzt Einsicht bekommen und in die Gesamtplanung wurde die Gruppe «wegen zu grosser Flughöhe» gar nicht erst einbezogen. «Wir wurden vertröstet, übergangen und ignoriert», sagt Dani. Und gab seinen Rücktritt aus der Begleitgruppe bekannt.

Doch nicht nur Quartierbewohner besuchten die Informationsveranstaltung. Etwas exotisch, aber durchaus passend, stellten sich beispielsweise noch die Leute vom Wagenplatz als inoffizielle Zwischennutzer vor und wurden als neue Nachbarn im Quartier begrüsst.

Aus einem anderen Quartier kamen drei Herren in den besten Jahren, um das Projekt «Lebendiger Burgweg» zu präsentieren. Unter diesem Namen wehren sich im Wettsteinquartier 50 Personen und 12 Gewerbebetriebe gegen «Rausschmiss und Luxussanierung für Expats». Stattdessen fordern die Mieter von der Besitzerin, der Basellandschaftlichen Pensionskasse, eine Sanfte Renovierung und den Erhalt der gewachsenen Strukturen.

Wie man sich erfolgreich wehrt, schilderte Michi aus der Wasserstrasse. Dort sei es durch die Solidarität der Mieter, eine grosse Kampagne und die Unterstützung der «Genossenschaft Gnister» gelungen, acht alte Arbeiterhäuser zu retten und der Selbstverwaltung und damit schonenden Renovierung der veralteten Bausubstanz zu übereignen.

Der Polizei einen Schritt voraus…

Am Samstag, den 26. April 2014, fand unter einer Autobahnbrücke, in der Nähe des Zeughauses, eine illegale Party statt. Bereits letztes Jahr hat dort eine Party stattgefunden, die jedoch kurz nach Beginn von der Polizei aufgelöst wurde. Auch dieses Mal zeigte die – sichtlich unvorbereitete – Polizei nach einigen Stunden Präsenz. Um einer Kontrolle und der etwaigen Konfiszierung von Equipment zu entgehen, setzten sich die ca. 150 Personen samt Musik in Bewegung und liefen via Karl Barth-Platz, Aeschenplatz, Wettsteinbrücke zur Rebgasse, wo die Veranstaltung selbstbestimmt aufgelöst wurde. Auf dem Weg wurde getanzt, Feuerwerk gezündet und die Wände bemalt. Die Polizei hielt sich im Hintergrund.

Regierung entscheidet sich für „Holzpark Klybeck“

via tageswoche:

Der Wagenplatz darf bleiben

Nach langen Diskussionen über das weitere Vorgehen am Klybeckquai hat der Basler Regierungsrat einen Entscheid gefällt: Der Wagenplatz wird weiterhin geduldet. Die restliche Brache soll kulturell und gastronomisch genutzt werden.

Plötzlich musste alles schnell gehen: Während die Regierungsratssitzung noch lief, bestellte Guy Morin am Dienstagmorgen die Medien ein, um die Lösung für die verfahrene Situation am Basler Klybeckquai zu präsentieren. Das Resultat der Beratungen: «Einhellig», wie Morin betonte, also nicht einstimmig, wurde die Zukunft des Wagenplatzes sowie der restlichen Brache auf dem ehemaligen Migrol-Areal geregelt und eine polizeiliche Räumung ausgeschlossen.

Der Wagenplatz wird weiterhin geduldet, ein Vertragsverhältnis mit den Bewohnern aber nicht eingegangen, da eine Wohnnutzung nicht zonenplankonform sei. Die Duldung ist laut Morin an zwei Bedingungen geknüpft: «Es dürfen keine wesentlichen Beschwerden eingehen und der Wagenplatz darf sich nicht weiter ausdehnen.»

Vage Vision
Die restlichen 12’500 Quadratmeter der Kiesfläche soll der neu gegründete Verein Shift Mode bis Ende 2019 bespielen. Dann soll mit dem Bau des neuen Stadtquartiers begonnen werden.

Shiftmode wurde in einem geheimen Einladungsverfahren unter vier Bewerbern ausgewählt. Was genau Shift Mode dort veranstaltet, bleibt – zurückhaltend formuliert – vage. Fest steht gemäss Vertrag allein, dass die Kunstmesse Scope jeweils Mitte Juni dort ihr Quartier aufschlagen darf – und dafür Miete an den Verein entrichtet. Mit diesen Einnahmen soll die weitere Entwicklung finanziert werden.

Kanton zahlt Erschliessung
Der Kanton übernimmt einzig 250’000 Franken Kostengutschrift für Toiletten, Strom- und Wasseranschluss auf dem unerschlossenen Gebiet. «Eines der Kriterien der Regierung war, dass der Kanton kein Geld in die Hand nehmen und auch keinen Betrieb finanzieren will», begründet Morin das Vorgehen.

Eine Startfinanzierung lehnte Shift Mode ab, um den Lotteriefonds und Stiftungen um Geld angehen zu können. Von den Einnahmen, die durch die Nutzungen – einer Mischung aus gemeinnützigen und kommerziellen – abgeworfen werden sollen, fliesst ein Teil als Umsatzbeteiligung an den Kanton

Profitabel dürften am ehesten die angedachten Gastro- und Barbetriebe werden. Wer diese führt und wie sie ausgestaltet werden, sei noch völlig offen, sagt Tom Brunner, Präsident von Shift Mode. Sie sollen aber durchaus das Basler Nachtleben ergänzen. Brunner hat sich in der Stadt einen Namen mit erfolgreichen Nischenprojekten und Zwischennutzungen gemacht, etwa bei der Kleinbasler «Ladybar».

Holzpavillon im Zentrum
Daneben sind ein Spielplatz fürs Quartier geplant, das mit einer hohen Trennwand aus Holzpaletten vor Lärm geschützt werden soll. In der Mitte der Fläche will der Verein einen grossen Holzpavillon hinstellen. Was darin und darum herum passiert, will der Verein in den nächsten Wochen entscheiden. Wer eine Idee hat oder schon ein fertiges Projekt, kann bei Brunner und Co. vorstellig werden. Ein transparentes und nachvollziehbares Auswahlverfahren gibt es nicht.

Zum Zug kommen sollen zunächst jene Projektgestalter, die auf dem anliegenden Ex-Esso-Areal leer ausgegangen sind. «Das sind sehr kreative Leute, die Mühe hatten, sich mit den Stadtentwicklern der Stadt zu finden, ihnen wollen wir eine Chance geben», sagt Brunner.

Dass nun nicht mehr die Regierung die einzelnen Projekte auswählt, sondern ein Verein, sei Teil des Lernprozesses im Umgang mit Zwischennutzungen, sagt Brunner. Das räumt auch Morin ein. «Die Entwicklung auf dem benachbarten Esso-Areal ist vollständig blockiert, was an der Organisationsstruktur liegt, das wollten wir auf keinen Fall wiederholen», so Brunner.

Ein zufriedener Guy Morin
Wichtig war dem Verein, eine Lösung zu finden, bei der der Wagenplatz bleiben darf. Mit-Initiantin Katja Reichenstein beteuert, «sehr erfreut» zu sein, dass die Wagenleute bleiben dürfen.

Auch Regierungspräsident Guy Morin ist sichtlich zufrieden über den Kompromiss, der auch als eine Würdigung verstanden werden kann: «Die Bewohner des Wagenplatzes haben sich im letzten Jahr sehr konstruktiv verhalten.» Gleichwohl habe es reichlich Überzeugungsarbeit bei den Kollegen gebraucht. «Ich habe ihnen gezeigt, dass viele Schweizer Städte einen Wagenplatz haben», sagt Morin und nestelt in den Unterlagen, um Beispiele rauszuziehen.
Strafanzeige gegen die Regierung

Dass die Duldung in einer rechtlichen Grauzone liegt, nimmt er in Kauf. Unlängst habe jemand Strafanzeige gegen die Regierung eingereicht wegen des Wagenplatzes. «Die Anzeige wurde aber nicht weiterverfolgt», sagt Morin.

Noch diesen Sommer sollen die ersten Projekte anlaufen. Verzögerungen seien nicht auszuschliessen, etwa wegen der nötigen Bewilligung für den Holzpavillon. «Die Frage ist, ob wir dafür eine Baubewilligung einholen», sagt Brunner. Und skizziert, dass es auch anders laufen könne, nämlich so wie es der Wagenplatz vorgemacht hat: einfach mal hinstellen.

Situation an der Uferstrasse bleibt unklar

Egal, ob Aprilscherz oder nicht: Als erste Reaktion auf die angeblichen Pläne der Regierung, mit dem Bau zweier Fussballfelder die Besetzungen an der Uferstrasse zu verdrängen, gab es am Sonntag, den 30. März, eine Demonstration mit mehreren hundert Personen vom Marktplatz via Kleinbasel zur Uferstrasse. Gestern wiederum, am 1. April, haben sich mehrere dutzend Personen vor dem Rathaus eingefunden, um Präsenz zu markieren und um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen.
Laut einem Bericht der Tageswoche hat der Regierungsrat bis dato aber keine Entscheidung gefällt, es bleibt also nach wie vor alles offen.

Nachfolgend eine der an der Demonstration verteilten Flugschriften:

Für den Erhalt der Projekte an der Uferstrasse!
Seit Frühjahr 2013 ist an der Uferstrasse im Klybeck eine Brache besetzt. Dort befindet sich der Wagenplatz, ein Wohn- und Lebensraum, die „Hafenscharte“ und das Projekt „Uferlos“. Die Menschen dort versuchen, sich kollektiv und unkommerziell zu organisieren und ihre Ideen zu verwirklichen. Der Ort ist belebt und wichtig für die verschiedensten Leute. Es ist einer von wenigen Orten in Basel, an dem man feiern, leben, diskutieren und basteln kann, ohne Konsumzwang, ohne Eintritt zu zahlen, und an dem man sich einbringen kann. Das scheint aber der Basler Regierung ein Dorn im Auge zu sein. Sie haben andere Pläne für die Klybeckinsel, solche, die Geld und Prestige bringen sollen, bekannt unter dem Namen „Rheinhattan“. „Aufgewertet“ soll der Ort werden, um dereinst finanzstarke Steuerzahler_innen und andere Menschen mit Geld anzulocken, und Basel zur schicken Metropole zu machen. Da bleibt kein Platz für alternative (Lebens-)Modelle, ausser im engen Rahmen der von der Stadt regulierten „Zwischennutzungen“, welche in einem ersten Schritt für eine gewisse Aufwertung sorgen sollen.

Fussballplätze? Kein Witz?!
Nun ist über die Medien an die Öffentlichkeit gedrungen, dass die Regierung eine „geniale Idee“ habe, was sie auf der Brache an der Uferstrasse machen könnte. Zwei Fussballplätze will sie bauen, Budget etwa 2 Millionen Franken. Was erst wie ein verfrühter Aprilscherz klingt, scheint wohl doch ernst zu sein. Argumentativ wird versucht, das Quartier gegen die Besetzenden auszuspielen: Es würde mehr Grünfläche entstehen, und die Leute aus dem Quartier könnten die Fussballplätze nutzen. Bei näherer Betrachtung geht es natürlich nicht wirklich um Fussballplätze oder das Wohl der Quartierbevölkerung. Schon vor diesen Plänen hat die Regierung versucht, die Menschen an der Uferstrasse zu vertreiben, weil sie diese ganz einfach nicht dort (oder anderswo) haben will. Sie stören, weil sie zeigen, dass man sich auch gut selber und ohne Geld organisieren kann. Da könnten ja andere auf die Idee kommen, das auch so zu machen.
Und wenn es tatsächlich um die Förderung von Fussballplätzen ginge, könnten die 2 Millionen auch einfach im Landhof investiert werden.

Unterstützt uns …
Am Dienstag, den 1. April wird nun die Regierung über die Pläne für das Areal entscheiden. Wir, die Nutzer_innen und Bewohner_innen an der Uferstrasse, bitten um eure Unterstützung. Wir wollen hier bleiben. Wir spielen auch gerne Fussball, mögen Grünanlagen und gehören zur Quartierbevölkerung. Wir sollen aber hier weg, weil wir offenbar nicht konform, legal, prestigebringend, finanzstark, autoritätsgläubig oder gewinnorientiert sind. Weil unser Bild von der Stadt und dem Zusammenleben nicht dem der Regierung entspricht. Wir wehren uns und werden auch nicht einfach stillschweigend gehen. Mit dem heutigen Umzug durch die Stadt und weiteren Aktionen wollen wir auf die Bedrohung der Besetzung an der Uferstrasse aufmerksam machen und um Unterstützung bitten. Kommt vorbei, macht mit, macht euch selber ein Bild davon, wie es am Hafen aussieht. Und hoffentlich teilt ihr dann unsere Meinung, dass dieser Ort, so wie er ist, erhalten bleiben soll.

Am Dienstag, 1. April 2014 treffen wir uns um 12 Uhr vor dem Rathaus, um mit verschiedenen Aktionen auf den bedrohten Platz aufmerksam zu machen. Komm vorbei und bring dich ein.

Zudem wurde uns folgendes Plakat zugesendet (dieses wurde während der Demonstration gekleistert):

Versteigerung der Klybeckstrasse 254 gestört

via BZ:

Die Gebäude aus der Konkursmasse der Stiftung Mobile wurden in Riehen mit viel Getöse an neue Besitzer verkauft. Aktivisten begleiteten die Versteigerung mit Missmut. Die Polizei zeigt in Uniform und auch zivil ihre Präsenz.

k254

«Expats go home», «Aufwertung heisst Verdrängung», «Ich biete 45 Menschen» steht auf verschiedenen Plakaten. Mit diesen Worten werden die Bieter für die Liegenschaften der sich in Konkurs befindlichen Stiftung Mobile in der Gemeindeverwaltung in Riehen begrüsst. Dort findet die Gant am Freitagnachmittag statt. Auch Sicherheitscheck und Taschenkontrollen müssen sein. Die Polizei zeigt uniformiert und zivil Präsenz.

Kurz vor der Versteigerung macht ein Aktivist auf das Schicksal der Bewohner aufmerksam. An der Dornacherstrasse 146 leben Personen mit psychischen Problemen, an derselben Strasse befindet sich in den Nummern 240 und 246 eine betreute Wohngemeinschaft, und an der Klybeckstrasse 254 sind die Wohnungen meist an Sozialhilfeempfänger vermietet.

Gleich zu Beginn der Versteigerung der Dornacherstrasse 146 wendet sich mit Stefan Eugster Stamm der Co-Geschäftsführer des Vereins Mobile, der unabhängig von der Stiftung als Mieter agiert, an die Steigerungswilligen. Der Verein Mobile kann das Startgebot von 6 Millionen Franken lancieren. Doch das nützt nichts. Ein Luzerner Rechtsanwalt bietet für die Dornacher AG im Pingpong mit Daniel Kusio, Geschäftsführer der Impact Immobilien AG aus Bern.

BH ins Gesicht geschleudert

Bis zum Betrag von 7,18 Millionen Franken geht es in 10’000er-Schritten nach oben. Die Schreiber, die jedes Gebot mitnotieren, sind nicht zu beneiden. Schliesslich wagt Kusio einen kleinen Sprung auf 7,25 Millionen Franken und erhält den Zuschlag. Unter Applaus und Buhrufen geht er nach vorne und erledigt das Administrative.

Anschliessend lüftet sich der Schleier. Die Impact Immobilien AG kauft und verwaltet gezielt Immobilien, die einem sozialen Zweck zugeführt werden. Kusio wie Eugster Stamm bestätigten, dass sie zusammenarbeiten und die Liegenschaft erhalten werden. Der Stein, der den Leuten des Vereins Mobile vom Herzen fällt, ist meilenweit zu hören.

Doch auch die Dornacher AG geht nicht leer aus. Sie ersteigert die Liegenschaften der Dornacherstrasse 240 und 246 für 6,85 Millionen Franken. Der Gang nach vorne wird ebenfalls mit Pfiffen und Applaus versehen. Einzelne Aktivisten fordern sogar eine Rechtfertigung zum Kauf. Der Anwalt lässt sich aber nicht beeindrucken. Gegenüber der bz sagt er anschliessend, dass die Gesellschaft, die er vertritt, noch nicht wisse, was sie konkret machen werde. Es sei noch alles offen.

Bei der letzten Versteigerung des Tages kommt es dann zum befürchteten Eklat. Das erste Gebot für die Klybeckstrasse macht überraschend Immobilien Basel-Stadt. Ihr Vertreter wird sogleich mit Pfiffen eingedeckt. Dann beginnen sich verschiedene Privatpersonen gegenseitig zu überbieten. Sie werden auch mal mit «Sauhund» oder «Wichser» beschimpft sowie mit Drohungen: «Wir bleiben dort!»

Gleichzeitig eskaliert das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Aktivisten und Polizei. Letztere lässt sich nichts mehr bieten, packt einen der Aktivisten und entfernt ihn aus dem Saal. Im folgenden Tumult und Handgemenge steigen einzelne Aktivisten aus dem Fenster.

Als sich die Situation wieder beruhigt, geht es einen kurzen Moment weiter. Die Aktivisten beginnen vermehrt mit Sprechchören und Applaus das Bietverfahren zu stören. Polizisten in Kampfmontur erscheinen und sorgen für Ordnung.

Anschliessend stehen sich die beiden Gruppen auf dem Platz vor dem Gemeindehaus gegenüber. Schliesslich bekommt Özgür Bünül die Liegenschaft für 5,02 Millionen Franken. Eine Aktivistin geht zu ihm hin, schmeisst ihm Pulli und BH ins Gesicht und sagt: «Kannst du behalten.» Gegenüber der bz erklärt Bünül, dass er keine grossen Umnutzungs- oder Umbaupläne hege. Er sei bereit, das Gespräch mit den Bewohnern zu suchen.