Voltamatte in Basel wird belebt

Seit letztem Wochenende ist Leben auf dem Park zwischen dem Novartis Campus, den Neubauten an der Voltastrasse und den alten Häuser von Elsässer-, Kraft-, Licht- und Wasserstrasse eingekehrt. Es wird grilliert, gespielt, gebaut, Musik gehört, diskutiert, informiert, geliebt und sobald sich die Nacht über die Stadt legt, wird die Leinwand aufgehängt und Filme gezeigt. Eine kleine Chronologie.

Letzten Samstag, 21. Mai haben sich einige Anwohner_innen der Voltamatte getroffen, um gemeinsam einen Turm auf dem neu asphaltierten Voltaplatz zu bauen. Der Turm sollte ein Symbol, ein Mahnmal sein, von welchem über die gentrifizierte „Todeszone“ der Voltastrasse entlang und zum Zaun der „Verbotenen Stadt“ Novartis Campus geschaut werden kann. Das Gebiet, das im Zuge des Baus der Nordtangente, einer teils unterirdisch geführten Stadtumfahrungsautobahn eine starke „Aufwertung“ erfährt, ist schon länger Ort von Auseinandersetzungen um Gentrifizierung und damit zusammenhängender Verdrängung. Sei es wegen der ehemaligen Besetzungen in der Voltastrasse und dem „Elsie“, sei es wegen den langfristig anhaltenden militanten Aktionen gegen die Neubauten zwischen Volta- und Vogesenplatz, sei es wegen der bedrohten Häuserzeile an der Wasserstrasse, wo ein Verein aus Bewohner_innen versucht, die dem Abriss geweihten Häuser zu retten und selbstverwaltet weiterzuführen. (www.wasserstrasse.ch)
Nach dem Bau des Turmes trafen sich Anwohner_innen, es gab eine kleine Küche und Crêpes, später ein Konzert, bis in den späten Abend waren wir auf der Voltamatte, die wir ansonsten bestenfalls halbjährlich für konspirative Treffen nutzen.

Am Sonntag 22. Mai kam es auf der nächstgelegenen Rheinbrücke zu einer grossen, heftigen Wasserschlacht: Voll ausgerüstet zog man in den Kampf gegen die jeweils andere Rheinseite. Mehrere tausend Wasserballone flogen durch die heisse Sommerluft, es war ein Riesenspass! Auch danach fanden wir uns wieder auf der Voltamatte ein, belebten den am vorigen Tag gebauten Turm und zeigten einen Film. Langsam scheint sich abzuzeichnen, was niemand von uns erwartet hätte: Aus einem Aktionstag einiger Anwohner_innen scheint sich etwas zu entwickeln.

Montags wurde dann entschieden, die ganze Woche zu bleiben. Ein Programm ist aufgestellt worden, der Turm ist nun grösser geworden. Erste Leute verbringen ihre Nacht auf der Voltamatte, eine – ohne vorherige Planung – Platzbesetzung zeichnet sich ab. Einen Organisator gibt es bis heute nicht, dafür umso mehr Vielfältigkeit, Spontanität und lebenswerte Momente.

Alle sind eingeladen, ihre Zeit mit uns auf der Voltamatte zu verbringen. Wir wollen mit euch diskutieren, über die Verdrängung aus unseren alten Quartieren, über die Erfahrungen mit der Grossbesetzung des Alten Kinderspitals, der Verteidigung der Häuserzeile an der Wasserstrasse, der Off-Bar, dem Wunsch nach günstigem Wohnraum und lebendigem Freiraum und sowieso darüber, was das mit unserer Gesellschaft und dem Wirtschats- und Politsystem zu tun haben könnte.

Kommt vorbei! Bis Freitag sind wir sicher noch da: Infos, Diskussion, Grill, Musik, Spiel etc…

Wasserstrasse bleibt!

Es war einmal im St. Johann…
Aufwertung und Verdrängung

Eine Häuserzeile wird abgerissen, eine Strasse wird privatisiert, das Nachbarhaus wird entmietet, bezahlbare Wohnungen sind kaum mehr zu finden, und immer mehr Bekannte, die hier lebten, wohnen und bewegen sich inzwischen woanders. Was auf den ersten Blick wie eine zufällige Anhäufung von unangenehmen Ereignissen aussieht, hängt beim genaueren Hinsehen aufs Engste miteinander zusammen. All dies ist Teil einer von der Stadtplanung gewollten und koordinierten Aufwertung. Einer Aufwertung, die fast vollständig an den direkt Betroffenen vorbei durchgesetzt wird.
Der Plan der Stadt, 5000 neue Wohnungen für die sogenannten „guten Steuerzahler“ entstehen zu lassen, ist das Eine. Dass diese Neubauten hier fast ausschliesslich auf den Trümmern von günstigem Wohn- und Gewerberaum entstehen, das Andere. Ein Blick nach Zürich lässt erahnen, in welche Richtung sich auch Basel entwickelt: in der Stadt zu wohnen wird mehr und mehr zum Privileg, die letzten Sümpfe einer gewachsenen – und nicht von oben verordneten – sozialen Durchmischung werden trockengelegt.

Die Häuser an der Wasserstrasse

An der Wasserstrasse 21-39 steht eine vollständig erhaltene Häuserzeile, gebaut anfangs des letzten Jahrhunderts, die sich im Besitz der Immobilien Basel-Stadt befindet. Nun sollen auch sie der Aufwertung zum Opfer fallen. Die Stadt plant diese ab Mitte 2012 abzureissen. 52 Wohnungen, die günstigen Wohnraum bieten, würden auf einen Schlag verschwinden. Dagegen regt sich Widerstand: Bewohner_innen organisieren sich, um den Abriss zu verhindern und die Häuser genossenschaftlich zu übernehmen.

Der Konflikt um die Wasserstrasse könnte zu einer allgemeineren Aus- einandersetzung über die Quartierentwicklung beitragen und, im besten Fall, Betroffeneder Aufwertung zusammenbringen, um gemeinsam neue Wege zu gehen.

Eine andere Stadt

Architektur und Stadtplanung sind oft unterschätzte, aber umso wirkungsvollere Mittel zur Durchsetzung von Machtverhältnissen. Verdrängung und gezielte Veränderung der Bevölkerungsstruktur sind dabei nur der augenfälligste Aspekt. Aber auch die Stimmung, die über einer Strasse liegt, wird aufs heftigste von der Planung beeinflusst. Wo die Aufwertungsakteur_innen ihren Machtanspruch in Stahl, Glas und Beton verewigen, wirken die Menschen ganz klein daneben. Eine von Architekt_innen und sogenannten Stadtentwickler_innen durchgeplante Stadt verengt den Handlungsspielraum der direkt Betroffenen und macht sie letztendlich zu Fremden in ihrem eigenen Umfeld, zu Statisten in einem von oben inszenierten Drehbuch.
Gerade weil die gegenwärtigen Macht- und Besitzverhältnisse eine selbstbestimmte und kreative Aneignung der Stadt als realitätsfremde Spinnerei erscheinen lassen, ist es wichtig, ab und zu Funken einer anderen Wirklichkeit aufblitzen zu lassen: der Verwertungsmaschinerie von Stadtverwaltung und Investor_innen unsere Vorstellung von Stadt entgegenstellen. Eine Stadt, die für alle, auch die weniger gut betuchten, Platz bietet. Eine Stadt, die von Hunderten von Nachbarschaftsnetzen kleinräumig gestaltet wird. Eine Stadt, die Unerwartetes ermöglicht, die tausend verschiedene Stimmungen enthält, die uns unternehmungslustig macht. Wir als Bewohner_innen können die Bestimmtheit und Sterilität durchbrechen, durch Zweckentfremdung, Umnutzung, Umgestaltung der bereits bestehenden städtischen Landschaft neues Leben einhauchen. Auf dem Weg dorthin gibt es keinen Masterplan, kein einheitliches Vorgehen. Die Wiederaneignung der Stadt ist ein unkontrollierter Prozess der Vielheit.

Kein Abriss an der Wasserstrasse 21-39!

Netzwerk „DeRIVAt“ besetzt altes Kinderspital

Seit zwei Wochen steht das alte Kinderspital in Basel endgültig leer. Auf dem Areal ist eine Wohnüberbauung vorgesehen, die aber noch in der Planungsphase steckt – es ist mit mehreren Jahren bis zum effektiven Baubeginn zu rechnen. Es ist unklar, ob der Gebäudekomplex schon bald abgerissen wird oder noch lange leer steht. Klar ist aber, dass die bis Baubeginn brachliegenden Ressourcen ungenutzt bleiben sollen. Der Kanton Basel-Stadt, Eigentümer des Grundstücks, bemüht sich krampfhaft eine sinnvolle Zwischennutzung der Gebäude zu verhindern: Das Areal wurde verbarrikadiert und die Infrastruktur teilweise zerstört.
Wir halten diese Verhinderungspolitik für unsinnig und haben uns deshalb zu einem Aktionsnetzwerk zusammengeschlossen, um vor Ort zu intervenieren und eine alternative Nutzung der bestens erhaltenen Räumlichkeiten vorzuschlagen. Mit der kreativen Aneignung fordern wir, das alte Kinderspital einer freien Umnutzung für Kunst und Kultur zu öffnen, solange kein sinnvolles Neubauprojekt realisiert wird. Mit der Intervention wollen wir auch die Basler Stadtentwicklungspolitik kritisieren, welche sich primär nach ökonomischen Kriterien richtet statt nach den Bedürfnissen der BewohnerInnen dieser Stadt. Ihre Folgen zeigen sich aktuell beispielsweise an der Wasserstrasse, wo die Bewohnerschaft einer ganzen Häuserzeile verdrängt werden soll.

Mehr zur Argumentation für unser Projekt finden Sie im angehängten Grundsatzpapier. Neuigkeiten werden wir möglichst zeitnah per E-Mail und auf unserer Website publizieren. Erstes Bild- und Tonmaterial finden Sie in der aufgezeichneten Pressekonferenz.
Wir freuen uns über Ihre Berichterstattung und laden Sie herzlich zum Besuch ein. Wir bitten alle Medien, die informationelle Selbstbestimmung der Beteiligten vor Ort zu achten. Das heisst, keine Aufzeichnungen irgendwelcher Art ohne vorherige Absprache mit den Betroffenen und eindeutige Deklaration des Zweckes. Medienschaffende, die uns besuchen, bitten wir um eine Anmeldung beim Infodesk.

New Kids On The Blockrandbebauung

deRIVAt im alten Kinderspital

Die Ökonomisierung der Gesellschaft im Neoliberalismus betrifft wie alle Lebensbereiche auch die Produktion des städtischen Raumes. Nicht nur Verteilung und Zugänglichkeit von Wohnraum unterliegen ökonomischen Kriterien; öffentliche Räume werden privatisiert und auch die Verfügbarkeit von Räumen für Kunst und Kultur ist einer Logik der kommerziellen Verwertbarkeit unterworfen. Für die »unternehmerische Stadt« haben Stadtentwicklung und Kulturpolitik vor allem den Zweck der Standortaufwertung. Die Bedürfnisse ihrer Bewohnerinnen werden je nach Steuer- und Produktivkraft wahrgenommen oder eben nicht.
Freiräume gibt es auch in Basel viel zu wenige; weil sie nicht bezahlbar sind oder von der städtischen Bürokratie verdrängt werden. Doch Freiräume sind essentiell für Kunst und Kultur – letztlich für das Leben in der Stadt überhaupt. Freiräume sind offen gegenüber den selbstbestimmten Bedürfnissen ihrer Nutzer. Sie erlauben eine autonome künstlerische Praxis, die nicht von ihrer Verkäuflichkeit abhängig ist. Das Problem ist nicht, dass die Räume materiell nicht vorhanden wären, sondern die gesellschaftliche Ungleichheit ihrer Verteilung. Eine Möglichkeit, die Unvernunft dieser Verteilung zu durchbrechen, ist die Neu- und Zwischennutzung von ungenutzten Infrastrukturen. Wenn uns unsere Stadt die notwendigen Freiräume nicht bieten kann, dann müssen wir sie uns selbst aneignen.
Mit der Umzonung des Areals des alten Kinderspitals und der Abgabe im Baurecht wird einmal mehr städtischer Raum an private, gewinnorientierte Interessen verausgabt. Die bestens erhaltene Bausubstanz soll abgerissen werden, um einer weiteren sterilen Überbauung mit hochpreisigen Wohnungen »in bester Lage« Platz zu machen. Das Projekt ist in verschiedenster Hinsicht zu kritisieren. Es ist Teil einer städtischen Aufwertungspolitik, die sich primär für gute Steuerzahler interessiert und an einem attraktiven Image für Kapital und Tourismus bastelt. Die Stadt wird so zum Wirtschaftsstandort umgebaut, der sich mit schicken Wohnungen und tollen Konsumangeboten vermarktet. Die Verdrängung von Einkommensschwachen an die Peripherien und die Privatisierung von öffentlichen Räumen sind nur die offensichtlichsten Folgen. Warum aufwändig neue Häuser bauen, wenn die alten sinnvoll nutzbar wären?
Mit unserer Intervention wollen wir Basel, das sich als attraktive und investorenfreundliche Kulturstadt profilieren möchte, daran erinnern, dass seine Kulturproduzentinnen auch Bedürfnisse haben und sich nicht in wertvolle, subventionierte Kunst und den lästigen, unproduktiven Rest spalten lassen. Kunst und Kultur finden auch ausserhalb des »Opernhaus des Jahres« statt. Wir sind Menschen, die in Basel leben, arbeiten, kulturell und künstlerisch tätig sind. Wir sind keine definierbare Gruppe, sondern eine Ansammlung von prekären Subjekten, deren Anliegen es ist, die kollektiven Bedingungen zur Ermöglichung ihrer Selbstbestimmung herzustellen. Wir wollen keine Kulturwaren produzieren, sondern verstehen unsere Praxis auch als politische Auseinandersetzung mit dem Zusammenleben in der Stadt und Gesellschaft, für welche die herrschenden Verhältnisse allen Anlass geben. Wesentlich dafür ist die Forderung nach Freiräumen, die unsere Aktion artikuliert, es will aber nicht dabei stehen bleiben und formuliert grundsätzlichen Widerspruch gegen den Unsinn der neoliberalen Stadtverwüstung und ihre ausschliessenden Konsequenzen.
Unser gemeinsamer Nenner ist nicht ein politisches Programm, sondern das Engagement für ein Recht auf Stadt. Dieses würde die Bedürfnisse aller, mit denen wir Basel teilen, wahrnehmen und berücksichtigen. Denn wir bestimmen gerne selbst, was wir für unsere Bedürfnisse und ein gutes Leben halten. Eine lebendige Stadt wäre ein Ort der Auseinandersetzung und Vermittlung von widersprüchlichen Subjektivitäten. Deshalb kann eine emanzipatorische Stadtentwicklung nur ein kollektiver und horizontaler Prozess der Beteiligung und Aushandlung sein, nicht eine Politik von oben zur Konfliktverwaltung und Durchsetzung von Kapitalinteressen.
Wir verstehen unsere Aktion als Experiment und Form der radikaldemokratischen Intervention und Partizipation. Wir wollen damit unsere Bedürfnisse und deren Legitimität sichtbar machen. Das kann nur gelingen, wenn wir die Verstrickungen unserer eigenen Praxis reflektieren und vermitteln. Freiräume werden nicht durch Barrikaden geschaffen, sondern durch die Öffnung von privatisierten Räumen. Unser Ziel ist es, eine breite, unvoreingenommene Beteiligung von verschiedensten Akteuren anzustossen, die in selbstverwaltete Projekte münden soll, was nur durch die Bereitschaft zu Dialog und Kooperation mit allen Betroffenen erreicht werden kann.
Durch unsere Aneignung werden neue Räume geöffnet, die wir umgehend nutzen und bespielen wollen mit selbstdefinierten Inhalten, worin sich unsere Forderungen ausdrücken können. Neben dem Akt der Aneignung und der Öffentlichkeitsarbeit vermittelt sich unser Projekt vor allem durch die spontane Aktion vor Ort. Sie ist soziale Plastik, kollektive Wunschproduktion und politisches Labor für Utopien. Es entsteht Raum für Kunst und Kultur, die ihre Relevanz und Notwendigkeit aus sich selbst begründen, unabhängig von Marktwert, Mäzenentum und identitärer Politik der Distinktion. Vielleicht bietet die unkonventionelle Situation eine Möglichkeit, der Flüchtigkeit und dem Verwertungsdruck in der Kulturindustrie für einen Moment zu entkommen? Wie liesse sich eine von uns abgetrennte und entfremdete Stadt des Spektakels wieder erfahrbar machen? Die Herausforderung besteht darin, im entstehenden Raum improvisierend etwas zu entwickeln, was unsere Forderungen irgendwie repräsentieren oder zugänglich machen kann. Ästhetisch sind der künstlerischen Arbeit dabei keine institutionalisierte Grenzen gesetzt, diese werden formal einzig durch den Charakter der Aktion und die ausgelösten Reaktionen gezogen. Die Auflösung von Grenzen und Kategorien reflektiert auch die gesellschaftliche Produktion des Raumes und die herrschenden Bedingungen einer Kulturproduktion, die zunehmend zur Ästhetisierung der spektakulären Warenwelt instrumentalisiert wird. Der Wert des Entstehenden liegt denn auch weniger im Produkt als im Prozess des sozialen und künstlerischen Experiments. Am Samstag wird eingerichtet und es gibt Musik. Am Sonntag soll das Haus mit Brunch eröffnet werden. Das Projekt dauert solange wie notwendig und die Umstände es zulassen – sein Verlauf bleibt unbestimmt.
Das vorliegende Papier stellt den pragmatischen Konsens unseres informellen Projektnetzwerks dar. Es dient der internen und externen Verständigung und als Basis für die gemeinsam getragene Durchführung und weitere Entscheidungsfindung – davon abgesehen sind die einzelnen Akteure autonom in der Gestaltung. Planung und Koordination des Projekts werden von den Beteiligten durch egalitäre Formen der kollektiven Vermittlung ausgetragen.

  • Kein Leerstand/Abriss des alten Kinderspitals – ein selbstverwaltetes Projekt für Viele anstelle von Luxusüberbauung und Investmentprofite für Wenige!
  • Wir fordern Freiräume, für Kunst und Kultur, die gegenüber den selbstbestimmten Bedürfnissen ihrer Gestalterinnen und Nutzer offen sind und deren freie Entfaltung ermöglichen!
  • Für eine emanzipatorische Aneignung der Stadt jenseits von ökonomischer Verwertungslogik und simulierter Partizipation – für ein Recht auf Stadt!

Kein Bedürfnis für 46-Meter-Büro-Wohn-Komplex

Mit einer Einsprache wehren sich langjährige Mietparteien der Rosentalhäuser gegen den neuerlichen Versuch der «Zurich» und der Basler
Baubehörden, mittels Zonen- und Nutzungsplanänderung Zugriff auf die guten und günstigen Wohnhäuser zu erhalten.

Der MV Basel hat im Namen von langjährigen Mieter/innen eine 9-seitige formelle Einsprache eingereicht sowie in eigenem Namen eine gleich lautende, weniger verbindliche «Stellungnahme». Gerügt wird in erster Linie das «liebedienerische Werk der Baubehörden gegenüber einem Milliardenunternjehmen wie der ‚Zurich’». Übergeordnete Aspekte einer ausgewogenen Raumordnung und Stadtentwicklung würden dabei nicht angemessen berücksichtigt, und der neu geplante 46-Meter-Büro-Wohn-Komplex entspreche keinerlei
städtischem Bedürfnis.

Auf 344 Prozent gesteigerte Büro-Leerstände
Bereits heute stehen im Stadtkanton über 80’000 Quadratmeter Bürofläche leer, so die amtlichen Statistiken. Dies entspricht einer Steigerung auf 344 Prozent, verglichen mit jenem Zeitpunkt, in dem die «Zurich» ihr erstes Projekt zur Beseitigung der guten und günstigen
Rosental-Wohnhäuser lanciert hatte. Auch das Bedürfnis nach teurem Wohnraum ist nicht ausgewiesen. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Gründe, warum die «Zurich»-Gesamtplanung unerwünscht, unrechtmässig und teils willkürlich ist.

Taschenspielertricks um Grünzonen, Parkplätze und «Wohnen für alle»
Die «Zurich»-Gesamtplanung würde preisgünstigen Familienwohnraum unwiderbringlich vernichten; dies, obwohl das Gesetz nur gleichwertigen Ersatz erlauben würde, nicht aber Luxuswohnraum. Ferner zaubern die Baubehörden per Taschenspielertrick zusätzlich «Grünzone» hervor, während sie in Wirklichkeit Grünflächen überbauen und somit vernichten wollen. Schliesslich soll die «Zurich» eine Ausnahmebewilligung erhalten nicht nur für 46 Meter Turm-Höhe, sondern auch für unbeschränkte Erd-Grabungstiefe bis hin zu den «geologischen» Grenzen und dem Grundwasser.

thumb-detailVöllig missglückte Planung
Schliesslich fehlen im behördlichen Planungsbericht jegliche Hinweise auf die rechtlich bindenden Einschränkungen der Parkplatzverordnung, ebenso Hinweise auf die anfangs Monat vom Kantonspräsidenten als neu präsentierten Ziele der Wohnraumförderung «für sämtliche
Bedürfnisse» sowie Hinweise auf Entschädigungspflichten für benachbarte Hausbesitzer/innen, denen der Schattenwurf des neu geplanten Hochhauses zugemutet würde. Insgesamt eine missglückte Planung, die spätestens vom Grossen Rat oder dann in einer Referendumsabstimmung durch die Basler Bevölkerung beseitigt werden sollte, damit die Rosentalhäuser endlich definitiv geschützt wären.

D‘Made im Daig

  1. sg, f, baseldt. eine enge Ansammlung von gemeinsam sich fortbewegenden Maden [s.o], welche das kurze Madenleben in den Kampf stellt um soziale, politische, kulturelle, herkunftsbezogene oder geschlechtsspezifische Diskriminierungen zu beseitigen und deren Ursachen zu vertilgen.
  2. [me:d im dajg; Wortkreat. baslerdt., engl.; «Hergestellt im Basler Daig»] Ein Produkt des Basler Daigs. Hervorgegangen aus der Basler Stadtentwicklung, dem gemeinsamen Werk der Stadtregierung, privatwirtschaftlicher Interessen, sogenannter sozialer/kultureller «gemeinnütziger» Stiftungen, Daig uvm. werden unter anderem auch Maden aus der Stadt verdrängt. [siehe Basel-Nord, Altes Kinderspital, Dreispitz, Erlenmattquartier, etc.]. Maden aller Quartiere beginnen sich zu vereinigen und werden diese Entwicklungen nicht weiter akzeptieren.
Made,

blinde, fusslose Larve der Fliegen und vieler Stechwespen, gekennzeichnet durch das Fehlen einer Kopfkapsel und von echten Gliedmassen.

Vorkommen

Mitunter treten Maden in großen Mengen, insbesondere als «Madenteppich», auf. [siehe: Demonstration, Wohnprojekt, Volksküche, Universität, Veranstaltung, Kino, etc.]
In diesen Madenteppichen reiben sich die Maden ständig aneinander, so dass zum einen spürbare Wärme und zum anderen ein hörbares Rauschen entsteht. [siehe: Konzert, Solidarität, Diskussion, Emotionalität, etc.]

Entwicklung

Aufgrund ihres aussergewöhnlichen Vorkommens und Lebenstils werden Maden als Ungeziefer bekämpft, in ihrer Entwicklung gehemmt und aus dem natürlichen Lebensraum Aller verdrängt. Als politische Wesen werden sie von herrschaftlichen Strukturen diskriminiert. [siehe: Terrorismus, gesunder Menschenverstand, Chaoten, etc.]
Daig,

Bezeichnung für die Stadtbasler Oberschicht, dank der Akkumulation ausserordentlichen Reichtums ursprünglich stark in den Wirtschaftsaktivitäten Basels verwurzelt, sind sie heute durch die Ansiedlung zugezogener Bank- und Chemiekonzerne in ihrer Einflussnahme bedroht.


D’Made im Daig befreit leerstehende Häuser von ihrem tristen Dasein, um ihre Schleimspuren zu hinterlassen und um sich zu fliegenden Stechmücken entwickeln zu können. Wir möchten sehen lernen und sehen lehren. Wir bleiben nicht länger fusslos. Wir sind entschleunigt und entspannt, dynamisch und überzeugt, unsere Freude zu nutzen, um Freiraum mit neuen Inhalten zu füllen!

D’Made im Daig steht für ein gutes Leben für alle.

Baslerstrasse 159 in Allschwil erfolglos besetzt

Bitte entschuldigt, dass es so lange gedauert hat. Wir konnten uns nach der Wettsteinvilla einfach nicht auf das nächste Haus einigen, es gibt zuviele ungenutzte Räumlichkeiten. Doch wir hatten uns entschieden:

Wir besetzten die Baslerstrasse 159 in Allschwil.

Das Gebäude steht bereits seit langem leer. Im Jahr 2007 gab es den letzten Besetzungsversuch. Seither hat sich mit dem Haus nichts getan – wunderbarer Wohnraum steht jahrelang ungenutzt da, wer ihn nutzen will, wird mit Polizeigewalt verjagt.

Wir wiederholen uns:
Seit Jahren verschwinden Freiräume und stattdessen schiessen Büroflächen und luxuriöse und individualisierte Wohnüberbauungen für die erwünschten «neuen Steuerzahler» und zugunsten der «sozialen Stadtaufwertung» aus dem Boden. Während 80 000 m2 Büroflächen leerstehen, fehlt es in der Region an bezahlbarem Wohnraum und selbstbestimmtem Freiraum für Jung und Alt.

Aus diesen Gründen nahmen wir uns das Haus an der Baslerstrasse 159. Wir wollten die Räume mit unseren Ideen füllen, einen Raum für die Entstehung einer autonomen Schule, einen Ort für Diskussionen, Film, Konzerte, selbstbestimmten Wohnraum und Platz für «Niedrigkultur».

Wir verurteilen die Praxis der Behörden, die Nutzung von leerstehenden Räumlichkeiten um jeden Preis zu verhindern.

Theaterprojekt «fremd» erhält Zwischennutzungsvertrag der Wettsteinvilla

Die Villa an der Wettsteinallee 40, die wir vor einem Monat besetzt haben, wird nun zwischengenutzt. Die Eigentümerin, die «Christoph Merian Stiftung», hat im Schnellverfahren eine Zwischennutzerin gesucht und im Jugendtheater-Projekt «fremd» gefunden. Das Theater wird sein Büro dort einrichten und in der Wettsteinvilla proben.

Offensichtlich hat die Stiftung Angst vor einer weiteren Besetzung. Obwohl sie im Frühling bereits einer Wohngemeinschaft gekündet hat und uns BesetzerInnen mit Polizei verjagt hat, suchte sie nun eine Zwischennutzung für das Gebäude. Eigentlich möchte sie die Villa an eine Privatperson verkaufen, was aber nicht funktioniert. Deshalb duldet sie nun eine dreimonatige (!) Zwischennutzung mit einem Theaterprojekt.

Die Christoph Merian Stiftung entscheidet, was Kultur ist und wer Raum dafür erhält. Wer nicht in ein konventionelles Bild von Kulturschaffenden passt, wird mit Polizei und Gericht verjagt. Das passt in eine Gesellschaft, in der aussortiert und verwaltet wird. Wer sich nicht anpasst, wer nicht den engen Vorgaben entspricht, wird verjagt, in «Integrationsprogramme» gesteckt, behandelt, eingesperrt.

Trotzdem freuen wir uns, dass dank dem Druck der Besetzung das Haus von einem Projekt genutzt werden kann, das auf kostengünstige Räumlichkeiten angewiesen ist.

Wettsteinvilla bereits wieder leer

Bereits heute Samstag hat der Eigentümer der Villa an der Wettsteinallee 40, die Christoph Merian Stiftung, ohne Verhandlungen mit sofortiger Räumung gedroht und die Polizei alarmiert. Wir haben daraufhin das Gebäude im letzten Moment friedlich verlassen.

Damit steht die grosse Villa wieder ungenutzt leer. Begründet wurde das kompromisslose Vorgehen der Stiftung unter anderem damit, dass das Haus noch vermietet sei – was korrekt ist, während Arbeitstagen wird ein (!) Raum der Villa als Baubüro genutzt. Dieser Nutzung wären wir nicht im Weg gestanden, das Gebäude ist gross genug.

Die Christoph Merian Stiftung charakterisiert sich auf ihrer Homepage so:

Die Aufgabe der Christoph Merian Stiftung ist es, sich für Menschen in Not, für eine gesunde Umwelt, für die Lebensqualität und die Kultur in Basel einzusetzen.

Wie sie das tun will, indem sie Häuser mit viel Potenzial leerstehen lässt und schliesslich an Private verkauft, bleibt uns ein Rätsel. Dass der Stiftung privatwirtschaftliche Interessen wichtiger sind als «Kultur in Basel» oder das Einsetzen für «Menschen in Not» hat sie heute bewiesen. Im Zweifelsfall droht die Stiftung, ihre profitorientierten Interessen ohne Verhandlungen mit polizeilichen Massnahmen durchzusetzen.

Wir sind zwar aus der Wettsteinvilla ausgezogen, doch wir haben nicht aufgegeben. Ihr werdet wieder von uns hören.

Besetzung der Villa an der Wettsteinallee 40

In diesem Moment besetzen wir die Villa an der Wettsteinallee 40.

Das Haus ist im Besitz der Christoph Merian Stiftung. Jahrzehntelang wurde es als Künstlerhaus betrieben und hat eine grössere Wohngemeinschaft beherbergt. Da das Haus laut der Christoph Merian Stiftung baufällig sei, soll es an eine Privatperson verkauft und teuer und aufwendig renoviert werden. Einmal mehr wird die Privatisierung eines zuvor halböffentlichen Raumes geplant.

Seit Jahren verschwinden Freiräume und stattdessen schiessen Büroflächen und luxuriöse Wohnüberbauungen für die erwünschten «neuen Steuerzahler» und zugunsten der «sozialen Stadtaufwertung» aus dem Boden. Während 80 000 m2 Büroflächen leerstehen, fehlt es in der Region an bezahlbarem Wohnraum und selbstbestimmtem Freiraum für Jung und Alt.

Aus diesen Gründen nehmen wir uns das Haus an der Wettsteinallee 40 zurück. Von der Stadt und den Institutionen wünschen wir uns nichts – wir nehmen uns den Raum, den wir brauchen.

Von nun an füllen wir die Räume mit unseren Ideen. Wir schaffen Raum für die Entstehung einer autonomen Schule, einen Ort für Diskussionen, Film, Konzerte, selbstbestimmten Wohnraum und Platz für «Niedrigkultur».

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„Mir bsetze“ – Urs Berger – 1980

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Mir bsetze – Die Geschichte eines Kampfes (Quartierfilmgruppe Kleinbasel, 1980), der zweite Teil über den Mieterkampf am Unteren Rheinweg und an der Florastrasse.

Urs Berger, mittlerweile einziges Mitglied der Quartierfilmgruppe, kehrte zwei Jahre nach einer Kündigungswelle zu den Bewohnern des Unteren Rheinwegs und der Florastrasse zurück und wollte wissen, was aus deren Widerstand geworden war. Die Mieterversammlung hatte im September 1977 eine zweijährige Mieterstreckung durchsetzen können, die bei Drehbeginn des Films im Juni 1979 ablief. Ausführlich und anschaulich schildert der Film nun die letzte Phase des hartnäckigen Mie- terkampfs – vom Sammeln der Unterschriften für die «Solidarisierungserklärung» bis zur polizeilichen Räumung der besetzten Wohnhäuser.
Der Film ist inhaltlich und formal komplexer als seine Vorgänger. Die mit Texttafeln und einer Art «Besetzerhymne» gerahmten reportageartigen Aufnahmen und Interviewszenen dokumentieren akribisch den Verlauf der Mieterbewegung und verleihen dem Film eine Modellhaftig- keit, die an Brechts episches Theater erinnert. Auf der Grenze zwischen Reflexion und Agitation problematisiert Mir bsetze die Basler Wohnungs- und Stadtpolitik. Wir sehen Interviews mit (ehemaligen) Bewohnern und Vertretern der Mieterversammlung, hören Stellungnahmen von Regierungsräten, werden in die damalige Gesetzeslage des Basler Bauwesens eingeführt und zu Zeugen zahlreicher Protestaktionen. Von etwas distanziert und steif wirkenden Interviewszenen tauchen wir immer wieder ruck- beziehungsweise schnittartig ein in die Welt der Basler Hausbeset- zer: Hinter langhaarigen Menschen mit Schlaghosen und «Flüstertüten» folgen wir den Mieteraktivisten durch die Innenstadt, sind bei den anderen Demonstranten, die auf dem Basler Marktplatz vor der Bühne des Aktionstheaters über die «Opfer vo de Hüüserspekulation» knien, oder bei den rauchenden Mietern im Garten, die auf Klappstühlen Parolen auf Plakate pinseln, während verstrubbelte Kinder mit neugierigem Blick in die Kamera schielen.
In Bergers Quartierfilmen spiegelt der Blick der Kamera den Blick des Aktivisten. Die Zuschauer werden zu Komplizen im Kampf gegen Wohnungsnot und Häuserspekulation, selbst wenn oder erst recht wenn die Kamera ihnen die Sicht auf dieses Geschehen versperrt – wie beispielsweise in der Sequenz der Podiumsdiskussion im Bernoullianum zu Beginn des Films. Hier bleiben Kamera und Zuschauer draussen vor der Tür. Was sich drinnen in den Reihen der versammelten Regierungsräte und Parteimitglieder abspielt, ist lediglich zu hören, nicht zu sehen, denn das Licht in den Sälen reichte nicht aus für die Super-8-Linse. Standfotos und Pressebilder, Zeitungsartikel und Texttafeln ersetzen die Filmaufnahmen, während wir erfahren, wie sich Regierungsräte und der Liegen- schaftsverwalter aus der Affäre ziehen wollen.
Ähnlich aufgebaut ist die Sequenz, in der es um die polizeiliche Auflösung der Aktion «Mir schloofe dusse» geht. Um zu demonstrieren, was den 160 Mietern durch die Kündigungen droht, organisierten die Mieteraktion Basel zusammen mit der Mieterversammlung Florastrasse ein «Sleep-out» auf dem Marktplatz, das von der Polizei unangemessen hart aufgelöst wurde. Wieder war es zu dunkel, um das Vorgehen der Polizei filmen zu können, und wieder sehen wir anstelle der Filmaufnahmen Schlagzeilen und Pressefotos. Die Rufe und Pfiffe der Demonstranten aus dem Off, die aus ihrem friedlichen Marktplatzschlaf gerissen werden («he, ufhöre!»), und die deutlichen Geräusche eines Handgemenges steigern die Szene ins Dramatische und übertragen die Empörung der Demonstranten aufs Publikum.

Container
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Video
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Sound
Stereo | AAC | 171Kbps | VBR

Mirror 1
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