Archiv der Kategorie: Repression

Wilder Umzug gegen „Rassismus, Repression und Vertreibung“

gefunden auf Indymedia:

Für vergangenen Freitag wurde zu einer Demonstration gegen Rassismus, Repression und Vertreibung aufgerufen. Es ging darum, in Zeiten immer stärkerer Fremdenfeindlichkeit, der Unterordnung jeglicher Existenz unter kapitalistische Interessen, einer wachsenden Kontrolle und Überwachung des Alltags und von Verdrängung von QuartierbewohnerInnen durch die profitorientierte Stadtentwicklung, ein starkes Zeichen zu setzen.

Der Umzug zog den Steinengraben entlang, einer Strasse, in der es nur noch Platz hat für anonyme, protzige Bürogebäude. Aus dem Umzug heraus wurden dann auch die Scheiben mehrerer Versicherungen (Vaudoise, Helvetia) eingeschlagen, die seit Jahren mitverantwortlich sind für diese Entwicklung weg von einer lebendigen, bewohnten Strasse zu einer sterilen, toten Umgebung.

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„Für die Erhaltung der Scherben am Steinengraben.“


Auch Kroo Security wurde angegriffen, eine Sicherheitsfirma, die sich nicht zu schade ist, besetzte Häuser nach der Räumung vor erneuten Wiederbelegungsversuchen zu „schützen“. Weiter lief der Umzug am Büro der SVP vorbei, dessen Eingangsbereich entglast wurde. Ihre rassistische Politik hat zu einer gesellschaftsweiten, fremdenfeindlichen Grundstimmung geführt. Auch sonst tritt die SVP für mehr Kontrolle und Überwachung und für massenhafte Ausschaffungen ein und steht ganz klar auf der Seite der Reichen und Mächtigen. Wäre man auf dem Weg noch an weiteren Büros oder Einrichtungen von anderen Parteien, die diese Politik stützen und mittragen, vorbeigekommen, wären diese wohl ebenfalls angegriffen worden, denn alle etablierten Parteien sind mitverantwortlich für das gesellschaftliche Desaster.
Dieses repressive Klima betrifft alle – mit immer neuen Überwachungsgesetzen, der Verfolgung von jeglichem Ungehorsam – und darum wurde das Gerichtsgebäude eingefärbt. Zum Beispiel soll hier auch mehreren Personen der Prozess gemacht werden, denen vorgeworfen wird, letzten Herbst gegen die Militärübung Conex15 und die Militarisierung der Grenzen auf die Strasse gegangen zu sein.
Die schnell anrückenden Bullen wurden zur Verteidigung entschlossen angegriffen und konnten mehrmals vertrieben werden.

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In der Nähe des Unispitals wurden 14 Personen verhaftet, denen vorgeworfen wird, Teil des Umzugs gewesen zu sein. Sie sollen nun für das entschlossene Auftreten der Demo büssen. Ob sie am Umzug teilgenommen haben oder nicht, ob sie Bullen angegriffen haben oder nicht, wir sind solidarisch mit allen Gefangenen und wünschen ihnen viel Kraft und Durchhaltewillen.
Auch wenn sie versuchen, euch zu isolieren – ihr seid nicht allein!

Grüsse gehen raus an die Rigaer94 in Berlin, die bereits seit Monaten im „Gefahrengebiet“ von der Polizei terrorisiert und nun letzte Woche teilgeräumt wurde, was vielerorts zu diversen Widerstandshandlungen geführt hat. Ebenfalls sollen all die wilden DemonstrantInnen in Frankreich gegrüsst werden. Die Revolte, die aus dem Widerstand gegen neue Arbeitsgesetze erwuchs und es seit Monaten vermag, die Wirtschaft zu blockieren und zu sabotieren, inspiriert und ermutigt uns.

Lasst uns zusammen kommen, uns organisieren, gemeinsam den Käfig verwüsten und die Gitterstäbe aus verschiedenen Formen des Zwanges und der Unterdrückung durchbrechen, um uns neue Wege in die Zukunft zu eröffnen.

Aufruf zum Widerstand gegen CONEX15

Vordergründig themenfremd, bei genauerem Hinschauen eng mit der Entwicklung im Hafen und der Überwachung des öffentlichen Raums verbunden – hier der Aufruf gegen die Militärübung CONEX15 im Herbst 2015 (gefunden auf noconex15.noblogs.org):

NoCONEX15!

Aufruf gegen die Militarisierung unseres Lebens

Vom 16.-25. September 2015 führt das Schweizer Militär in der Nordwestschweiz die Truppenübung «CONEX15» durch. Ein apokalyptischer Ernstfall soll geprobt werden. Der Inhalt könnte kaum zynischer sein; denn während Europa und auch die Schweiz tagtäglich zuschauen, wie zehntausende Menschen im Mittelmeer ertrinken, bereitet sich das Schweizer Militär u.a. auf die Invasion und Abwehr dieser vor. So heisst es: «In einem fiktiven Europa der Zukunft, mit neuen Ländern und Grenzen, herrscht Wirtschaftskrise. Die Folgen wirken sich auch auf die Schweiz aus: Verknappung der Vorräte, Schwarzhandel, kriminelle Organisationen. Grosse Öl-, Gas- und Getreidevorräte werden zum Ziel von Sabotagen und Plünderungen. Ausserdem führen ethnische Spannungen zu grösseren Flüchtlingsströmen in die Schweiz.»

Bedrohungsszenarien

5000 Soldaten sind im Einsatz. Basel steht im Zentrum. Überwachung der Grenzen, Schutz «besonders gefährdeter Infrastrukturen der Telekommunikation, der Stromversorgung und der Lebensmittelverteilung». Unterstützt wird das Spektakel u.a. von den Schweizerischen Rheinhäfen Basel, dem Universitätsspital und der SBB. Eine Expo in Muttenz vom 19.-22. September in der Reihe „Deine Armee“ soll Einblick und Vertrauen schaffen. Eine Image-Kampagne für den Steuerzahler. Das Nachdenken über ein perfides System, welches Wirtschaftskrisen produziert und von diesen profitiert, tritt in den Hintergrund. Die Rede von einem fiktiven Europa der Zukunft und einer bevorstehenden Wirtschaftskrise verdeckt die Tatsache, dass wir mitten drin sind. Das Auseinanderfallen der europäischen Wirtschaftszone ist nicht fiktiv. Der Druck auf Griechenland ist real. Doch die Krise ist viel mehr. Die Krise ist ein Dauerzustand.Auch wenn sich die Schweiz nicht als Teil von Europa versteht und sich scheinbar seit je die Hände in Unschuld wäscht, wird schlau taktiert und davon profitiert. Der Ausbau eines repressiven Migrationsregimes (beispielsweise durch den Bau von Bundeslagern) wird mitgetragen, die Finanzhochburg Schweiz gesichert. Denn Menschen migrieren aus Lust zu entdecken, aber auch, weil Länder wie die Schweiz Tag für Tag Armut mitproduzieren, ausbeuten, Existenzgrundlagen zerstören und sich dabei unhinterfragt im Wohlstand suhlen. Unter dem Deckmantel von Demokratie, Diplomatie und Neutralität wird mit dem Schweizer Patentsrecht global enteignet, zugunsten der Staatskassen mit Rohstoffen spekuliert und Waffen für den ‹Dialog› produziert und exportiert.

Privilegiensicherung

Das Szenario von CONEX15 ist Teil einer militärischen Logik der ‹neutralen› Schweiz, die ihre Existenzberechtigung immer wieder neu legitimieren muss. In Zeiten, in denen der Krieg zwischen Staaten schon lange nicht mehr die Grundlage einer Armee darstellt, nimmt das Militär unlängst polizeiliche Aufgaben wahr. So verschiebt sich die Feindesachse: Es sind die sogenannten ‚ethnischen Konflikte’ die zu Migrationsströmen in die reiche Schweiz führen. Es ist die von der Wirtschaftskrise in blinde Gier verfallene Bevölkerung, welche plündert. Es sind die Feinde von Innen, die «kriminellen Organisationen». Für sie ist es der Krieg Aller gegen Alle: Die Barbaren und Gesetzlosen von nah und fern gegen die Zivilisation, gegen Recht und Ordnung. Für uns ist es der Krieg der Reichen gegen die Armen und Ausgeschlossenen: Bevölkerungskontrolle und Aufstandsbekämpfung zur Privilegiensicherung, zur Machterhaltung.

Wer die Bevölkerung regieren will, muss sie kontrollieren üben

Es sind solche Katastrophenübungen und inszenierte Spektakel, die schockieren und den Ausbau von Kontrollsystemen nach Innen und nach Aussen rechtfertigen. Es sind permanente Bedrohungsszenarien, die die Aufstandsbekämpfung lokal wie global gegen die armen Bevölkerungsschichten legitimieren.Verschärfte Grenzkontrollen, Kameras in der Stadt und nicht zuletzt Übungen wie CONEX15 sollen ein Gefühl von «wir haben alles im Griff» vermitteln, um das Bestehende zu stabilisieren. Dabei bedienen sie sich des Werkzeuges der kontrollierten Destabilisierung, auf dessen Grundlage die Erhaltung von Recht und Ordnung trainiert wird, von denen politische Manöver zur Verwaltung der Bevölkerung erprobt werden. Es ist der Schockzustand, der sprachlos macht, der ohnmächtig wirkt, der nach Schutz und Sicherheit rufen lässt – der sich in unseren Köpfen festsetzt und im Alltag weiterwirkt.

CONEX raus!

Der Staat wirft uns den Fehdehandschuh hin, wir haben ihn schon längst aufgenommen. Unsere Antwort ist einfach: Wir lassen uns nicht von den Ängsten eines paranoiden Staates regieren, uns nicht in die bestehende Ordnung zwingen. Dem Kapital und der Ausbeutung begegnen wir mit Solidarität. Mit kollektiver Handlungsmacht und nicht mit Ohnmacht. Wir sind nicht handlungsunfähige Idiot_innen der Geschichte. Vom 16.-25. September rufen wir daher alle von Privilegien Ausgeschlossenen, Antimilitarist_innen und Antiautoritären dazu auf, die Militarisierung unserer Stadt und unserer Leben zu verhindern: Hängt Transparente aus eurem Fenstern mit «CONEX RAUS». Verweigert es dem Militär, sich in euren Cafes und Bars zu verpflegen und verweigert ihnen die Bedienung. Sie dienen der Elite, wir nicht! Stören wir gemeinsam auf unterschiedliche Weise ihren militärischen Ablauf. Zeigen wir ihnen, dass sie nicht willkommen sind. Sagen wir den Soldat_innen: «Desertiert!»

Demos, Aktionen & Diskussionen

Anstelle eines Bedrohungsszenarios möchten wir die Truppenübung kritisch reflektieren und den Widerstand in die Stadt, die Öffentlichkeit und in den Alltag tragen. Im Zeitraum vom 17. bis zum 20. September sind bereits verschiedene Demos und Aktionen geplant. Merkt euch diese Tage vor und kommt nach Basel. Vor Ort wird es Anlaufstellen geben, wo ihr informiert werdet. Wir rufen euch dazu auf, euch selbständig zu überlegen, was ihr beitragen wollt. Wählt dazu jene Mittel, die ihr für geeignet haltet.

Sowohl in den Tagen und Wochen im Vorfeld, als auch im Anschluss an CONEX15 sollen Räume geschaffen werden, an denen wir uns inhaltlich vertiefen und austauschen können. Die Truppenübung dauert nur einige Tage, doch unser Widerstand soll Alltag werden. Denn unsere Kritik reicht weiter als nur die Abschaffung der Armee zu fordern, die Schweizer Beteiligung an Kriegen weltweit zu kritisieren oder die Forschungsprojekte an Schweizer Universitäten für militärische Zwecke und die Rüstungslobby zu benennen.

Solidarität und gegenseitige Hilfe statt Bedrohung, Angst und Privilegiensicherung.

Für eine herrschaftsfreie Welt, in die viele verschiedene Welten passen!

Stadtstapziergang N° 4

Am Sonntag, den 21. Juni 2015, ging der Stadtspaziergang in die vierte Runde. Treffpunkt war diesmal ein Haus an der Haltingerstrasse, das der Genossenschaft Gnischter gehört. Weiter gings zu den Clarahäusern (die dereinst dem Claraturm weichen sollen), zu den seit Jahren umkämpften Rosentalhäusern gleich neben dem Messeturm und schliesslich zum Landhof, dem alten Stadion inmitten eines Blocks. An allen Stationen hielten Anwohnende und Betroffene – teils spontane – Reden. Besonders gefallen hat uns der kritische Einwand eines Spaziergang-Teilnehmers, der energisch darauf hinwies, dass die Tendenz, sich innerhalb einer kapitalistischen Gesellschaft auf Genossenschaften als praktikable Alternative zu fokussieren, durchweg problematisch sei. Wer die Eigentumsfrage nicht stelle, handle verkürzt, so der Tenor des Redners.

Studie über das ehemalige Hafenareal

via Tageswoche:

Objektive Aufarbeitung eines emotionalen Themas: Studie über Klybeck-Aktivisten veröffentlicht

Vor etwas mehr als einem Jahr wurde ein Teil des ehemaligen Migrol-Areals am Basler Hafen polizeilich geräumt. Es war der Höhepunkt einer urbanen Widerstandsbewegung, die von Soziologen der Universität Basel und FHNW kritisch begleitet und analysiert wurde. Die Ergebnisse liegen nun in Form einer Studie vor.

Es gibt diese Zone in der Topografie Basel-Stadts, die einem roten Tuch gleicht. Daran zerren zwar diverse Parteien. Verantwortung übernehmen will aber dennoch niemand. Die Rede ist natürlich vom Basler Klybeckareal, das in den vergangenen Jahren unzählige Male die Titelseiten der Medien besetzte – und nun erstmals das Cover eines Buches ziert.

Es handelt sich dabei um eine Studie der Universität Basel und dem Institut für Sozialplanung und Stadtentwicklung der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW mit dem Titel: «Urbane Widerständigkeit am Beispiel des Basler Rheinhafen-Areals». Sechs Autorinnen und Autoren unter der Schirmherrschaft des Soziologen Ueli Mäder tragen darin verschiedene Aspekte zusammen, die in ihrer Gesamtheit den Problemfall «Rheinhafen» bilden.

Damit werden die Auseinandersetzungen um den Stadtteil erstmals zum Gegenstand einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Länger als ein  Jahr haben sich die Verantwortlichen mit allen beteiligten Parteien auseinandergesetzt und über die teilnehmende Beobachtung bis zur quantitativen Umfrage keine Methode ausgelassen, um messbare Resultate zu erzielen.

Neue Erkenntnisse erst auf den zweiten Blick

Herausgekommen ist eine Studie, deren Erkenntnisgewinn nur wenig über das bisher Bekannte hinausreicht. Stück für Stück werden die Proteste nachvollzogen, die durch die Präsentation eines Stadtteils «New Basel» 2011 ihren Lauf nahmen und mit der Räumung eines Teils des besetzten Brache im Juli 2014 zu einem Höhepunkt kamen.

Bei genauerer Betrachtungsweise vermag die Studie den Ereignissen aber durchaus eine neue Dimension zu verleihen, indem sie den urbanen Widerstand auf raumsoziologische Theorien abstützt. Namentlich der französische Philosoph und Soziologe Henri Lefebvre (1901–1991) und der 2003 verstorbene Basler Soziologe Lucius Burckhardt bilden dafür die Grundlage, beide haben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihren Raumkonzepten für Aufruhr gesorgt.

Freiräume enstehen nicht am Reissbrett der Stadtplanung

Lebendige Städte, so die Prämissen, benötigen Freiräume. Freiräume, deren Koordinaten nicht am Reissbrett der Stadtplaner, sondern durch die spontane Aktion der Bevölkerung bestimmt werden. Und diese Aktion, so Lefebvre, kommt durch die Wahrnehmung zweier Rechte zustande: das «Recht auf Stadt» und das «Recht auf Differenz».

In der Verfassung sucht man nach beiden Rechten vergebens. Beide Rechte wurden aber von der Bevölkerung der Quartiere Klybeck und Kleinhüningen und insbesondere von den Aktivisten rund um den Wagenplatz mit Vehemenz eingefordert, wie die Studie zeigt.

Das Recht auf Stadt beschreibt das Verlangen nach Mitbestimmung und Aneignung des urbanen Raumes durch die Bewohnerinnen und Bewohner der Quartiere. Die Entscheidungen und Organisationsvorgänge werden vom Staat weg zu den Menschen und damit in den lokalen Kontext verschoben. Die Menschen bestimmen selbst über den Gebrauchswert ihres Lebensraumes – und entziehen ihn damit dem Besitzanspruch des Staats, der mit seinen Kapitalinteressen vornehmlich den Tauschwert sieht.

Ein Tauschwert, der sich beispielsweise in Form von schicken Bürogebäuden, Hotels und Luxuswohnungen, kurz: dem Projekt Rheinhattan manifestiert. Die Interessengruppe «Klybeckinsel» kämpft dagegen und schreibt sich einen Ausspruch Burckhardts auf die Fahne: «Wir selber bauen unsere Stadt.»

Die Wagenleute beanspruchen ein Recht auf Differenz

Teil der IG Klybeckinsel sind auch die Bewohner des Wagenplatzes, die im Frühjahr 2013 nach einer «unsäglichen Odyssee» (O-Ton Studie) am Hafenareal «gestrandet» waren. Sie gehen einen Schritt weiter, indem sie am Diskurs um die Hafeninsel nicht mit Gegen- oder Alternativprojekten (Rheinhatten versenken, Vogelinsel) partizipieren, sondern physisch Stadtraum besetzen und ihn sich damit gewissermassen aneignen.

Sie beanspruchten ein Recht auf Differenz, ein Leben frei von Einordnungen in Kategorien, die ihnen durch die Gesellschaft oder dem Staat aufgezwungen werden.

Die Reaktion ist bekannt: Die Stadt tolerierte einen Teilaustritt aus der Normalität, bis durch die Erweiterung um «Uferlos» und «Hafenscharte» zu viel Freiraum in Anspruch genommen wurde. Das Experiment wurde beendet, oder: Das Recht auf Differenz wurde rückgebaut.

Objektive Darstellung als Antrieb zur weiteren Auseinandersetzung

Die Studie erschöpft sich allerdings nicht darin, die Deckungsgleichheit der Raum- und Widerstandstheorien mit den Handlungen der Aktivisten aufzuzeigen. Sie enthält überdies eine ganze Reihe von Interviews mit Interessenvertretern aller Parteien und statistischem Material zur Wahrnehmung der Hafen-Stadt. Den urbanen Widerstand rund um das Basler Hafenareal beschreibt sie nicht einfach als Blockade, sondern vielmehr als «soziale Bewegung und damit als Beteiligung an der Diskussion um gesellschaftliche Entwicklung».

Mit ihrer Studie wollen die Autorinnen und Autoren keine Handlungsanleitung liefern, sondern lediglich die «Sichtweisen der verschiedenen Player objektiv darstellen», heisst es in der Zusammenfassung. Aber vielleicht ist es genau diese Objektivität, die in den Diskussionen rund um das Rheinhafen Areal bisher zu kurz kam und die dem weiteren Verlauf der Dinge Auftrieb geben kann.

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Die Studie ist im Seminar für Soziologie (Petersgraben 27, Basel) zum Selbstkostenpreis von 15 Franken erhältlich. Die Autorinnen und Autoren der Studie sind: Reto Bürgin, Aline Schoch, Peter Sutter, Hector Schmassmann, Petra Huser, Nina Schweizer, Ueli Mäder.

Dokumentation Stadtspaziergänge N° 1 & 2

per Mail bekommen:

Stadtspaziergang N°1 – 1. Februar 2015

Mit einer erfreulich breiten Beteiligung von direkt Betroffenen, Nachbarinnen und thematisch Interessierten, wurde am Sonntagnachmittag die neue Aktionsreihe „Stadtspaziergänge gegen Aufwertung und Verdrängung“ ins Leben gerufen.

Immer mehr Menschen sehen ihre Existenz in Basel durch eine ungehemmte Aufwertung und Verteuerung bedroht. Kämpfen tun die meisten alleine, arbeiten mehr um sich die neuen Mieten leisten zu können oder ziehen schlussendlich weg. Mit den Stadtspaziergängen hoffen wir nun ein neues Forum zu schaffen, um vom Abriss oder von Luxussanierungen bedrohte Häuser miteinander zu verbinden. Um voneinander zu lernen und sich gegenseitig auch politisch stärken zu können. Denn die raschen Veränderungen im Basler Stadtbild sind keine Einzelphänomene. Sie sind Resultat einer bestimmten Stadtentwicklung von Oben. Einer Stadtentwicklung, die sich vor allem an den Bedürfnissen der Grosskonzerne und Investoren orientiert.

Der erste Stadtspaziergang vom 1. Februar hat sich dann auch Modelle des Widerstands zum Thema gemacht. Ausgangspunkt war der Verein Wasserstrasse, der nach vielen erfolgreichen Auseinandersetzung aktuell gegen die Umzonungspläne der Stadtregierung und für das dadurch bedrohte Haus 39 kämpft. Weiter zur Offenburgerstrasse, wo ein Vertreter der in Basel neugegründeten Genossenschaft Mietshäuser Syndikat anhand der ersten Immobilie eine Einführung ins Konzept der „unverkaufbaren Häuser“ gab. Beendet wurde der Spaziergang bei Glühwein und Suppe vor der aktuell besetzten Schwarzwaldallee 269, einem schönen Beispiel für direkt aktivistischen Widerstand.

Der nächste Spaziergang wird voraussichtlich Mitte März stattfinden. Jedes bedrohte Haus/Projekt ist eingeladen uns einzuladen! Von Haus zu Haus, von Ort zu Ort der Verdrängung entgegen!

 


 

Stadtspaziergang N°2 – 29. März 2015

1. Der zweite Stadtspaziergang gegen Aufwertung und Verdrängung startet am 29. März 2015 vor dem Hotel „The Passage“ (Steinengraben 51). Die alte, nun durch einen Neubau ersetzte Liegenschaft, war kurzzeitig besetzt und wurde dann durch die Stadt geräumt. Das neue Haus war als „günstiges Hotel für junge Leute“ geplant. Heute kostet das günstigste Zimmer 164 Franken und die Architekten wohnen im Penthouse in den obersten Stockwerken.

2. Vis à vis des Hotelneubaus wehren sich die Bewohner_innen des Steinengrabens 30-36 gegen den Abriss der 139 Jahre alten und (leider) nicht denkmalgeschützten Häuser. Hier sollen auf der Parzelle (Steinengraben 28-36 und Leonhardstrasse 27) neue Büroflächen und Lofts erschaffen werden. Das Bauvorhaben wird voraussichtlich durch das Architekturbüro Burckhardt & Partner realisiert. Weshalb es neben 184’000m²  (laut Handelszeitung 3.2.15) leerstehender Bürofläche und den künftigen Bauabsichten der Helvetia-Versicherung in der Nähe des Aeschenplatzes noch mehr Büroräume braucht, ist für nicht nachvollziehbar. Erst recht nicht angesichts des momentan mageren Wohnungsangebots im unteren Preissegment, kann das hoffentlich nicht die Strategie des Unternehmens sein. Die Bewohner_innen hoffen, dass die Übernahme des Immobilienmandats durch die Helvetia zu einem Überdenken der Pläne seitens der Firma führt. Somit würde auch dem Erhalt des günstigen und für die Bewohnenden existentiell wichtigen Wohnraums nichts mehr im Wege stehen.

3. Der nächste Halt liegt am Petersgraben. Vor dem „Samson“ werden wir einen kurzen Einblick in die Chronologie des ehemaligen WoVe-Hauses bekommen, das nach der Besetzung 2013 in zwei Lofts (mit mehreren Nasszellen) umgebaut wurde.

4. Weiter in Richtung Johanniterbrücke passieren wir auf der linken Seite der Schanzenstrasse „Die Schanze“. Das kleine Imbisshäuschen ist seit Sommer 2014 besetzt und dient einer breiten Gesellschaft aus Studierenden, Freischaffenden und verschiedensten anderen Menschen als täglicher Mittagstisch. Auf dem Gelände soll in diesem Frühling ein Gebäude der Universität entstehen. Eine Kooperation aus ETH, Syngenta und Novartis.

5. Weiter spazieren wir über die Brücke und in die Klybeckstrasse. Dort wird ein Vertreter der neu gegründeten „Plattform Wohnungsnot“, einer Vereinigung aus verschiedensten Organisationen zur Bekämpfung der Wohnungsnot in Basel, anhand eines konkreten Hauses über ihre Vereinigung und die prekären Zustände auf dem Basler Wohnungsmarkt informieren.

6. Nur einige Meter weiter endet der Spaziergang mit einem kleinen Imbiss vor der Markgräflerstrasse 25, Ecke Müllheimstrasse 157. Die Bewohner_innen der Häuser haben im März 2014 die Ankündigung eines Abrisses auf März 2015 erhalten. Mittlerweile wurde der Vertrag noch einmal um 18 Monate verlängert. Abgerissen werden soll aktuell im September 2016. Die Bewohner_innen wollen gerne dort wohnen bleiben.

 

Stadtspaziergang!

Mit einer erfreulich breiten Beteiligung von direkt Betroffenen, Nachbarinnen und thematisch Interessierten, wurde am 1. Februar 2015 die neue Aktionsreihe „Stadtspaziergänge gegen Aufwertung und Verdrängung“ ins Leben gerufen. Startpunkt waren die Häuser an der Wasserstrasse, die nach vielen erfolgreichen Auseinandersetzung erhalten werden konnten – bis auf das Haus Nr. 39, für das weiterhin gekämpft wird. Weiter ging es zur Offenburgerstrasse, wo ein Vertreter der in Basel neugegründeten Genossenschaft Mietshäuser Syndikat anhand der ersten Immobilie eine Einführung ins Konzept der „unverkaufbaren Häuser“ gab. Beendet wurde der Spaziergang vor der aktuell besetzten Schwarzwaldallee 269, einem schönen Beispiel für direkt aktivistischen Widerstand.

Immer mehr Menschen sehen ihre Existenz in Basel durch eine ungehemmte Aufwertung und Verteuerung bedroht. Kämpfen tun die meisten alleine, arbeiten mehr um sich die neuen Mieten leisten zu können oder ziehen schlussendlich weg. Mit den Stadtspaziergängen hoffen wir ein neues Forum zu schaffen, um vom Abriss oder von Luxussanierungen bedrohte Häuser miteinander zu verbinden. Um voneinander zu lernen und sich gegenseitig auch politisch stärken zu können. Denn die raschen Veränderungen im Basler Stadtbild sind keine Einzelphänomene. Sie sind Resultat einer bestimmten Stadtentwicklung von Oben. Einer Stadtentwicklung, die sich vor allem an den Bedürfnissen der Grosskonzerne und Investoren orientiert.

Jedes bedrohte Haus/Projekt ist eingeladen uns einzuladen! Von Haus zu Haus, von Ort zu Ort der Verdrängung entgegen!

Filmvorführung „Verdrängung hat viele Gesichter“

via Tageswoche:

Berliner Kiez-Aktivisten zu Besuch im Neuen Kino

Eine Aktivistengruppe aus Berlin hat ihren Widerstand gegen die Aufwertung ihres Wohnquartiers filmisch festgehalten. Am Samstag wird «Verdrängung hat viele Gesichter» im Neuen Kino in Basel gezeigt, anschliessend findet eine Diskussion zum Thema Gentrifizierung statt.

[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=5Np3g80UM9M[/youtube]

Samira und ihre Mitstreiter marschieren demonstrierend durch den Berliner Stadtteil Alt-Treptow, sie sprechen Architekten an und Menschen, die um ihre Wohnung oder um ihren Laden fürchten, und sie besuchen Werbeveranstaltungen für den Bau von Eigentumswohnungen. Ihre Kritik fällt klar aus: Menschen mit wenig Geld werden verdrängt von solchen mit mehr Geld.

Der Film «Verdrängung hat viele Gesichter» dokumentiert den Widerstand gegen die Aufwertung eines Kiez. Im Arbeiterquartier halten zuerst Studenten und Kreative Einzug, später die Mittelschicht und Immobilieninvestoren. Die Aktivisten kämpfen vor allem gegen die sogenannten Baugruppen, eine Art Zusammenschluss von Einzelpersonen und Familien die gemeinsam ein Mehrparteienhaus bauen. Aus der Sicht der Aktivisten tragen diese Baugruppen genauso zur Verdrängung bei wie die grossen institutionellen Investoren.

Mehr Vehikel des Widerstandes als ausgewogene Dokumentation ist der Film eine Collage die Position bezieht. Handyaufnahmen polizeilicher Räumungen reihen sich an Interviews mit Architekten und Mitgliedern von Baugruppen, reportageartige Vor-Ort-Besuche auf Baustellen und an Porträts von Verdrängten.

Der starke Fokus auf einen Berliner Kiez sowie auf das Phänomen der Baugruppen lassen die Frage aufkommen, was die gezeigte Situation mit Basel zu tun hat.

Tina, die den Film ins Neue Kino bringt und ihren Nachnamen lieber nicht nennen möchte, erklärt, warum Alt-Treptow auch Basel sei. «Durch diesen Film bekommt man einen guten Eindruck davon, wie eine Verdrängung ärmerer Bevölkerungsschichten auch hier vonstatten gehen und wie sich Widerstand aus dem Quartier formieren könnte.»

Sie ist selbst Aktivistin aus dem Umfeld der Rheinhattan-Gegner und sieht etwa in den Zwischennutzern ebenfalls mittelständische Akteure einer Verdrängung. «Obwohl das zuerst vielleicht gar nicht so wahrgenommen wird, tragen kommerzielle Zwischennutzungen zur Aufwertung eines Stadtteils bei, insbesondere wenn dahinter die Verwaltung steht.»

Diese Aussagen, sowie jene, die der Film macht, polarisieren. Gleich nach der Vorführung findet deshalb eine Diskussion mit Aktivisten aus Basel und Berlin statt.

Wasserstrasse 39 bleibt!

Update vom 14. Januar 2015: Auch Vice hat mittlerweile einen Bericht verfasst: „Ein Hausabriss, damit Primarschüler Direktzugang zur Autobahn haben?


 

via Tageswoche:

Der Verein Wasserstrasse kämpft für Haus Nummer 39

In der Wasserstrasse im St. Johann sind sieben der einst vom Abriss bedrohten Häuser gerettet. Die Zukunft des hintersten Hauses mit der Nummer 39 ist hingegen offen. Das sorgt für Ängste bei den Bewohnern.

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Der Durchgang zwischen dem Haus Nummer 39 und dem Voltabau sollte für Fussgänger reichen, meinen die Bewohner.

15 Personen bewohnen die sieben Wohnungen im Haus an der Wasserstrasse mit der Nummer 39. Es ist die letzte Liegenschaft der Häuserzeile. Direkt gegenüber befindet sich der Erweiterungsbaus des Volta-Schulhauses. Es ist diese Randlage, welche die Zukunft des Hauses erneut gefährdet.

Die Häuser an der Wasserstrasse wurden 2012 zum Politikum. Damals hätten alle acht Häuser abgebrochen werden sollen. Der Verein Wasserstrasse setzte sich erfolgreich für deren Erhalt ein. Die Liegenschaften, die der Stadt gehören, sollen von der Wohngenossenschaft Gnischter übernommen und saniert werden.

Für ein Haus gehen diese Pläne jetzt doch nicht auf. Das ist eine Hiobsbotschaft für die Bewohnerinnen und Bewohner, die eigentlich guter Dinge waren.

Absichtserklärung werde nicht eingehalten

2012 schienen die Abrisspläne vom Tisch zu sein. In einer Absichtserklärung zwischen der Bürgergemeinde Basel-Stadt und der Wohngenossenschaft Gnischter ist festgehalten, dass alle verbleibenden Häuser an der Wasserstrasse im Baurecht an die Wohngenossenschaft Gnischter übergeben werden sollten. Das gemeinsame Ziel war der Erhalt von günstigem Wohnraum.

Bekanntlich ist es aber das Kleingedruckte, das zählt. In diesem Fall waren es die Bedingungen. Wie viele Häuser schliesslich übergeben werden, ist abhängig vom damals geplanten Erweiterungsbau des Volta-Schulhauses und von einem Umbau des Kraftwerkes der Industriellen Werke Basel (IWB). Dieser IWB-Umbau ist kein Thema mehr.

Die Bewohner waren erleichtert, als die Regierung ihre Pläne bekannt gab, auf dem Lysbüchel-Areal eine neue Schule zu bauen. Damit wäre auch der Umbau des Volta-Schulhauses kein Hindernis mehr für den Verein Wasserstrasse.

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Wenige Meter vor der Häuserzeile beginnt der Pausenplatz des Volta-Schulhauses.

Seit der Absichtserklärung sind zwei Jahre vergangen. Die Wasserstrasse befindet sich bereits in der Übergangsphase zur Genossenschaft. Einige Wohnungen wurden von Gnischter übernommen. Im vergangenen November erkundigte sich der Verein Wasserstrasse bei den Behörden um den Stand der Dinge.

Drei neue Begründungen, von denen nie die Rede war

Das Planungsamts des Bau- und Verkehrsdepartements informierte den Verein über die geplante Neuverteilung der Parzellen: Die Nummer 39 ist das einzige Haus, welches nicht in die gleiche Parzelle wie die restlichen sieben Häuser umgezont wird. Damit wird dieses Haus nicht wie geplant von Verwaltungsvermögen zu Finanzvermögen umgewidmet und kann deshalb von der Wohngenossenschaft Gnischter nicht übernommen werden.

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Die geplante Neuverteilung der Parzellen schliesst ein Haus aus: Die Nummer 39 kann so nicht wie geplant von der Wohngenossenschaft Gnischter übernommen werden.

Der Verein fühlt sich hintergangen; der Kanton breche damit sein Versprechen. Die Behörden hätten ihm zudem drei völlig neue Gründe für die Abspaltung des letzten Hauses genannt: Erstens entspräche der Abstand zwischen dem Volta-Bau und der Liegenschaft nicht den Brandschutzvorschriften, zweitens solle ein breiterer Durchgang vom Volta-Pausenplatz zur Dreirosenbrücke ermöglicht werden, was drittens so auch die Zufahrt der Feuerwehr ermöglichen wird.

Für den Verein sind das fadenscheinige Gründe. «Der Durchgang besteht schon, wird nur durch Gitter versperrt. Das ist kein Hindernis. Dafür muss man kein Haus abreissen», sagt Simone Meier vom Verein Wasserstrasse. Die Gründe seien «aus der Luft gegriffen».

Lysbüchel-Areal ist entscheidend

Das Planungsamt des Bau- und Verkehrsdepartements führt auf Anfrage andere Begründungen aus: «Es ist vor allem davon abhängig, ob auf dem Lysbüchel-Areal eine neue Schule gebaut werden kann», sagt der Kommunikationsleiter Marc Keller. Wenn das wie geplant funktioniere, spräche nichts gegen den vorläufigen Erhalt aller Häuser.

Nur wehrt sich das Gewerbe dagegen, dass das Lysbüchel-Areal zur Wohnzone wird und steht so auch dem geplanten Schulhaus-Neubau im Weg. Der Umbau des Volta-Schulhauses ist also doch nicht vom Tisch. Keller seinerseits erinnert daran: «Wir haben nie versprochen, dass alle Häuser übernommen werden können. Es ging uns darum, so viele wie möglich zu erhalten.»

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Die Häuser an der Wasserstrasse wurden seit Jahrzehnten nicht renoviert. Das soll sich mit der Übernahme durch die Wohngenossenschaft Gnischter ändern.

Die Schulhaus ist das eine, aber es gibt noch weitere Faktoren. Der wahrscheinliche Abriss des Öltanklagers der IWB spräche zusätzlich dagegen, jetzt das Haus Nr. 39 langfristig zu erhalten wollen. Das Planungsamt möchte deshalb den Erhalt der Nr. 39 offen lassen. Je nachdem was anstelle des Öltanklagers dereinst gebaut wird, könnte es wieder keinen Platz für die Nr. 39 haben, sagt Keller. Möglicherweise werde dort auch neuer Wohnraum entstehen.

Weiterer bezahlbarer Wohnraum wird zerstört

Für den Verein Wasserstrasse geht es nicht alleine um den Erhalt des letzten Hauses. Für die Bewohner liegt ein weiteres Beispiel vor, wie bezahlbarer Wohnraum zerstört wird und alte Mieter verdrängt werden. Gemeinsam mit Mietern anderer vom Abriss bedrohten Häusern organisieren sie eine Demonstration. Sie wollen so Druck auf Behörden und Politiker aufbauen.

Der Grosse Rat wird demnächst über die Neuverteilung der Parzellen entscheiden. Vorerst können die Bewohner der Nummer 39 weiter im Haus wohnen. Wie lange noch, das wissen sie hingegen nicht.

Sauvage auf dem NT-Areal 2012: Appellationsgericht mildert Urteil

gefunden auf SRF:

Basler Appell-Gericht mildert Strafe für Links-Autonomen

Das Gericht hält zwar an der Freiheitsstrafe von 14 Monaten des Basler Strafgerichts fest. Der Verurteilte muss jedoch nur noch eine Reststrafe von einem Monat absitzen. Beim Prozess ging es unter anderem um Gewalt gegen Beamte nach einer illegalen Party auf dem nt-Areal im Sommer 2012.

Ein Autonomer, der nach Ausschreitungen auf dem NT-Areal in Basel im Sommer 2012 zu vierzehn Monaten Freiheitsstrafe unbedingt verurteilt worden war, muss nur noch eine Reststrafe absitzen: Das Basler Appellationsgericht hat am Montag das erstinstanzliches Urteil gegen den heute 31-Jährigen gemildert.

Das Appellationsgericht sprach von der ursprünglichen Freiheitsstrafe acht Monate bedingt aus. Zudem wurde ihm schon vom Strafgericht die über fünfmonatige Untersuchungshaft angerechnet, sodass er noch rund einen Monat absitzen muss.

Das Appellationsgericht trug damit dem Umstand Rechnung, dass der Mann sich inzwischen ernsthaft um eine berufliche Ausbildung bemüht. Das erlaube eine günstigere Prognose als es dem Strafgericht noch möglich war.

Gewalt gegen Beamte

Das Strafgericht hatte die 14 Monate unbedingt unter anderem wegen Gewalt gegen Beamte, Landfriedensbruch, Körperverletzung und Angriff ausgesprochen. Die Verhandlung fand damals unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt aus Angst vor Tumulten oder Ausschreitungen im Gerichtssaal. Aus demselben Grund fand die Verhandlung des Appellationsgerichts am Montag Nachmittag wieder am Strafgericht statt. Der Verteidiger des Angeklagten hatte verlangt, dass der Prozess in erster Instanz wiederholt wird, weil er damals unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatte.

Kurzzeitige Besetzung der Hochstrasse 74/76

Am Samstag Abend, den 22. November 2014 wurden die beiden Häuser an der Hochstrasse 74 und 76 besetzt. Da bereits am selben Abend die Zeichen auf Räumung standen, entschlossen sich die Besetzenden, das Haus wieder zu verlassen. Nachfolgend dokumentieren wir hier die Stellungnahme, welche im Anschluss an das Verlassen des Gebäudes an die Tageswoche geschickt wurde, sowie den Brief an die Nachbarschaft und die Eigentümer*innen. Vielen Dank an dieser Stelle an das Kollektiv Fuchsbau, welches uns die nachfolgenden Texte freundlicherweise zur Verfügung stellte.

 

STELLUNGSNAHME KOLLEKTIV FUCHSBAU

Die 2 Häuser an der Hochstrasse 74/76 standen seit über einem Jahr leer. Wir haben uns deshalb entschieden, mit einer friedlichen Besetzung ein politisches Zeichen zu setzen gegen Leerstand und Mangel an Freiraum in Basel.

Uns wurde nicht einmal ein Hauch einer Chance gelassen, der Öffentlichkeit unser Projekt noch unsere Bedürfnisse zu präsentieren. Bis heute, Sonntagabend, haben weder die Polizei noch die Medien Bericht  erstattet, was sich gestern Abend an der Hochstrasse zugetragen hat.

Am frühen Abend wurde das Haus von 20 jungen Menschen auf friedliche Art und Weise besetzt. Ohne Gewalt anzuwenden sind wir in den leeren Häusern eingezogen. Es folgte ein gemeinsames Abendessen, man unterhielt sich in Zimmerlautstärke. Die Stimmung war gelassen und entspannt – weder suchte man Streit noch Eskalation.
Transparente („Besetzt“, „Kollektiv Fuchsbau“, „Leerstand ist kein Zustand“) wurden auf der Frontseite des Hauses aufgehängt, um der Nachbarschaft zu signalisieren, dass wir in friedlicher Absicht gekommen sind.

Der Abend schien entspannt weiter zu gehen, bis um 23.30 ein massives Polizeiaufgebot (20-30 Schwergerüstete Bereitschaftspolizisten -> „Robocops“ inkl. Feuerwehr) auftauchte und uns der Einsatzleiter auf aggressivste Weise zu verstehen gab, dass wir seitens dem Besitzer der „Jean Cron AG“ unerwünscht sind und das Gebäude in den nächsten 10min zu verlassen haben; ansonsten würde gestürmt. Da wir illegal anwesend seien, würden wir nicht um Ausweiskontrolle herumkommen.

Obwohl wir versuchten mit der Polizei zu verhandeln stiessen wir auf taube Ohren. Die Polizei hielt stur an Ihrem Einsatz fest.

Wir finden es unerhört und absolut unverständlich, eine friedliche politische Aktion um 12.00 Nachts mitten im Wohnquartier räumen zu lassen. Die ganze Nachbarschaft wurde durch den Polizeieinsatz aufgescheucht – nicht wegen uns!

Wir lassen uns für unsere politischen Forderungen nicht kriminalisieren!

Wir haben uns entschieden, uns der angedrohten Polizeikontrolle konsequent zu entziehen, was uns gelungen ist. An diesem Abend wurde niemand festgenommen noch kontrolliert.

Gab es deshalb keine Polizeimeldung an die Medien?

Für unsere Forderungen mussten wir keine Gewalt anwenden. Die Polizei hielt es dennoch für nötig, die wunderschöne hölzerne Eingangstüre mit massiver Gewalt aufzubrechen und dadurch komplett zu zerstören, um ein wieder leeres Haus vorzufinden.

Was für eine massive Verschwendung von Energie für die Unterdrückung von Träumen junger Leute.

Eine willkommener „Ernstfall“ für die OSZE um die eigene Einsatzfähigkeit zu demonstrieren und angesichts kommender Demonstrationen ein Zeichen der Stärke zu setzen?
Eine Reaktion/Rache auf die wilde Demo vor 2 Wochen?

Wir sind masslos enttäuscht von den Machthabenden dieser Stadt. Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob wir uns die Mühe machen sollen, unsere Anliegen weiterhin auf eine so friedliche Art vorbringen zu wollen.

Die Nulltoleranzgrenze dieser Stadt ist einfach inakzeptabel. Wieso ist das, was in anderen Städten (Lausanne ,Bern ,Zürich)  möglich ist (Toleranz gegenüber Besetzungen), in Basel nicht möglich? Die Kultur des Geldes ist in dieser ach so offenen Weltstadt inzwischen wichtiger geworden als die kulturellen Anliegen der eigenen Bevölkerung. (siehe Papptelleraffäre Messeplatz)

Anscheinend zählen die Anliegen der zahlungskräftigen Pharmafirmen mehr als die Bedürfnisse der eigenen Jugend. Wir wundern uns kaum noch, warum viele kreative Leute diese Stadt verlassen.

Wir sind sowas von wütend.

Das Kollektiv Fuchsbau

(Das Tageswoche hat daraufhin berichtet.)

 

Brief an die Nachbarn

Liebe Nachbarn

Wir, Das Kollektiv Fuchsbau, sind eine Gruppe junger Menschen, die nicht bereit sind den Immobilien-Poker der Stadt Basel weiter mitzuspielen.
Deshalb suchen wir nach Alternativen, wo wir zusammen kreativ und frei von Konsumzwängen leben können. Wir setzen uns für vorurteilslose Freiräume und kollektiven Wohnraum ein.
Die zwei Häuser an der Hochstrasse 74/76 sollen wiederbewohnt und wiederbelebt werden.
Das Ziel ist eine friedliche Zwischennutzung bis zur Umsetzung der geplanten Bauvorhaben.

Eine gute Beziehung zu Ihnen liegt uns sehr am Herzen. Deshalb möchten wir mit Ihnen zusammen zur Steigerung der Lebensqualität im Gundeli Quartier beitragen.
Ein Café bzw. Mittagstisch, Filmveranstaltungen sowie ein Gemeinschaftsgarten im Frühjahr sollen dazu beitragen. Konstruktive Kommunikation ist uns wichtig und wir haben immer ein offenes Ohr für Ideen und Anliegen aller Art, solange man sich mit Anstand und Respekt begegnet.
Wir laden sie heute ( Sonntag 23.11.14), herzlich ein bei uns vorbeizuschauen und sich erste Eindrücke von unserem Projekt zu verschaffen.
Um 12 Uhr gibt es einen Brunch, zu dem wir Sie auch gerne einladen wollen.

Nicht verzagen, Fuchsbau fragen

[Tel. Nr. entfernt]

 

Brief an Jean Cron AG  & Heeb und Schranz Architekten

Sehr geehrte Damen und Herren

Am,Samstag Abend den 22.11 haben wir Ihre Liegenschaft an der Hochstrasse 74 & 76 besetzt.

Besagte Liegenschaft steht schon sein seit längerem leer. Wir finden es unhaltbar, dass brauchbarer Wohnraum, trotz akuter Wohnungsnot, über längere Zeit ungenutzt bleibt. Menschen wie wir, die über keine grossen finanziellen Mittel verfügen, werden durch Immobilienspekulation, Luxussanierung und Quartieraufwertung systematisch aus der Stadt verdrängt. Nonprofit-Projekte sind kaum umsetzbar. Im Raum Basel besteht ein grosser Bedarf an Räumlichkeiten für Wohn-,Kultur- und Kunstprojekte.

Wir sind ein Kollektiv von jungen Leuten und haben nicht die finanziellen Mittel, eine ganze Liegenschaft zu mieten, um unsere Projekte verwirklichen zu können. Deshalb haben wir den direkten Weg der Besetzung gewählt und wollen so die erwähnten Liegenschaften bis zum Anbeginn der Bauarbeiten der anstehenden Totalsanierung zwischennutzen und beleben.

Es geht uns nicht darum. Ihre geplanten Projekte zu verunmöglichen, aber wir sind daran interessiert, den Leer stehenden Wohnraum in der Zwischenzeit sinnvoll zu nutzen.

Wir bieten Ihnen an, die anfallenden Nebenkosten (Strom, Wasser, Gas) zu bezahlen und übernehmen die Verantwortung bis zum tatsächlichen Baubeginn.

Wir sind an einem konstruktiven Dialog interessiert und streben an, mit Ihnen in Verhandlung zu treten.

Durch einen Zwischennutzungsvertrag mit uns würden Sie von vielen Pflichten befreit werden. Gerne erwarten wir Sie für ein Treffen vor Ort in der besagten Liegenschaft, um bei einem persönlichen Gespräch die gegenseitigen Interessen auszutauschen.

Wir sind ausschliesslich auf dieser Nummer für Sie erreichbar:

[Tel. Nr. entfernt]

Wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit

Das Kollektiv Fuchsbau

 

Zur Aufwertung des Wiesenplatzes im Klybeck

… gefunden auf dem Rheinhattan versenken!-Blog:

Aha! Wiesenplatz!

Wie nun durch ein Schreiben der Behörden bekannt wurde, soll der Wiesenplatz im Klybeck “aufgewertet” werden. Dieser unscheinbare Ort, der kaum Platz ist, den wir aber in seiner Unscheinbarkeit liebgewonnen haben. Nun muss aber das dorthin, was überall hin soll: Mergelplatz, Betonbänke, Betonbrunnen. Es mag als Kleinigkeit, gar als Nichtigkeit erscheinen, was da vor unserer Haustür passiert. Was soll schon dabei sein, wenn man diesen wirklich nicht schmucken Platz bisschen herausputzt? Ist ja auch gut, wenn die Tramhaltestelle fussgängerfreundlicher und behindertengerecht wird. Doch ist dies kaum der eigentliche Antrieb dieser Aufwertungen.

Auch wenn wir uns wiederholen:

Diese Veränderungen sind unserer Ansicht nach keine Nettigkeiten gegenüber der aktuellen Quartierbevölkerung. Es sind dies kleine Anzeichen dafür, dass es die Stadt ernst meint mit dem “Aufwerten” unseres Quartiers.
Und immer noch sind wir der Meinung, dass dies einem Plan folgt, der uns nicht dient. Einem Plan, der den Menschen, die jetzt hier leben, nicht dient… Stück für Stück wird hier ein neues Quartier gebaut. Manchmal nur langsam und leise, manchmal werten sie nur den Wiesenplatz auf. Und als nächstes vielleicht die Inselstrasse mit ihren unansehlichen Rabatten. Dann vielleicht die Klybeckstrasse.

Es ist Scheisse, was die Stadt hier baut. Mit der verlogenen Argumentation, dass dies für die jetzige Quartiersbevölkerung passiert, sanieren die hier uns unser Quartier langsam, aber sicher unter der Nase weg.
Dieses sogenannte “Aufwerten” wird immer wie mehr, immer wie stärker. Sie verändern die Umgebung, sie putzen unsere Strassen, werten unsere Plätze auf – dann unsere Häuser, unsere Wohnungen. Diese “Aufwertungen” und Sanierungen werden kaum aus Freundlichkeit bezahlt. Da rechnet jemand mit höheren Mieteinnahmen oder Steuereinnahmen oder was auch immer, solange es Geld abwirft.

Wir hoffen, dass sich andere auch an dieser Entwicklung stören und dass wir deshalb auch stören werden bei allen Versuchen, unser Quartier herauszuputzen und “aufzuwerten”.

Keine aufgewerteten Wiesenplätze – Kein Rheinhattan – Die Häuser denen, die sie bewohnen!

 

Update zur Schanzenstrasse 54

Die Eigentümerin, die Einwohnergemeinde der Stadt Basel, hat nach wie vor keinen Strafantrag gestellt. Entsprechend konnten der bisher tägliche Mittagstisch und weitere Aktivitäten grössenteils ohne Probleme durchgeführt werden. Die Polizei versuchte allerdings bereits mehrmals, sich unter fadenscheinigen Gründen  (Lärm, Abfluss der Toilette etc.) Zugang zum Gebäude zu verschaffen, was die Besetzer*innen bislang zu verhindern wussten. Die Provokationen von Seiten der Polizei halten indes an und nehmen teils groteske Formen an: So ist am Donnerstag Abend um ca. 23 Uhr eine Streife am Gebäude vorbeigefahren und der uniformierte Beifahrer hat den etwa 20-30 Anwesenden den Hitlergruss gezeigt.

Weitere Informationen folgen.

Papptellergate: Anzeige gegen Polizei

via Tageswoche:

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Verantwortliche des Polizeieinsatzes

Die Basler Staatsanwaltschaft ermittelt von Amtes wegen gegen die Verantwortlichen für den Polizeieinsatz während der Art Basel. Im Raum steht der Verdacht der Freiheitsberaubung und des Amtsmissbrauchs.

Erst erklärte die Staatsanwaltschaft die von der Polizei vorgebrachten Vorwürfe gegen die Beteiligten an der Performance auf dem Messeplatz für nichtig – jetzt geht sie zum nächsten Schritt über:

Peter Gill, Sprecher der Ermittlungsbehörde teilt zur Causa Pappdeckel-Affäre mit:

«Die Staatsanwaltschaft hat am 11. August 2014 von Amtes wegen ein polizeiliches Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Freiheitsberaubung gegen die Verantwortlichen für den Polizeieinsatz auf dem Messeplatz vom 20. Juni 2014 eröffnet.»

Hintergrund ist der Polizeieinsatz während der Art Basel, der eine Choreografie auf dem Messeplatz verhinderte, an der eine Gruppe von Künstlern an die Vorkommnisse des Vorjahrs erinnern wollte. 34 Personen, darunter zahlreiche Unbeteiligte, wurden von der Polizei vom Platz entfernt und in das Untersuchungsgefängnis Waaghof verfrachtet, wo sie sich einer umfassenden Personenkontrolle unterziehen mussten.

War Personenkontrolle nur Vorwand?
Der Vorwurf der Freiheitsberaubung dürfte darauf abzielen, dass eine Personenkontrolle von Gesetzes wegen grundsätzlich vor Ort stattfinden muss – es sei denn besondere Umstände verunmöglichen dies. Die Frage lautet, ob die Polizei die Personenkontrolle nur als Vorwand nutzte, um den Platz von den Performance-Künstlern zu räumen.

Gegen wen sich die Ermittlungen richten, sei zum jetzigen Moment noch nicht klar, sagt Stawa-Sprecher Gill. Zunächst würde überprüft, ob die fraglichen Straftatbestände in den Augen der Ermittlungsbehörde erfüllt sind. Danach würden die Verantwortlichen identifiziert.

Lips und Dürr im Fokus
Damit bleibt offen, ob allein Polizeikommandant Gerhard Lips in den Fokus der Untersuchung gerät, sollte sich der Verdacht bestätigen, oder aber auch Justiz-, und Sicherheitsdirektor Baschi Dürr. Der FDP-Politiker antwortete in einem Interview mit der TagesWoche auf die Frage, wer den Einsatz angeordnet habe:

«Grössere Einsätze, die auch ein gewisses politisches und mediales Interesse nach sich ziehen, werden mit mir abgesprochen. Das geschah auch in diesem Fall so. Die operative Verantwortung liegt bei der Kantonspolizei. Ich war orientiert und habe das Vorgehen als richtig befunden.»

Erinnerung an die „Stazgi“ und die „Elsie“

Am Dienstag, den 24. Juni 2014, versammelten sich einige Handvoll Personen verschiedenster Generationen im St. Johanns-Park, um an die Besetzungen der Alten Stadtgärtnerei auf dem selben Areal und der Elsie (Elsässerstrasse 11) gleich gegenüber zu erinnern. Nachfolgend der Flyer, der die Aktivitäten zusammenfasst:

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Den gezeigten Film zur Elsie gibt’s übrigens hier:

[vimeo width=“800″ height=“600″]http://vimeo.com/211486[/vimeo]
Und noch einige Bilder der Elsie:

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Polizei rechtfertigt Einsatz auf dem Messeplatz – und macht sich dabei lächerlich

via Tageswoche:

«Der Vorwurf des Polizeistaats ist an den Haaren herbeigezogen»

Nach dem harten Durchgreifen der Basler Polizei gegen eine Kunstaktion auf dem Messeplatz beziehen die Verantwortlichen für den Grosseinsatz Stellung. Für Sicherheitsdirektor Baschi Dürr und Polizeikommandant Gerhard Lips steht fest: Der Einsatz war ein Erfolg.

[…]

Das gesamte Interview gibt’s unter obigem Link.

Trauermarsch für das Uferlos

Am Sonntag, den 22. Juni 2014, zog eine kleinere Gruppe von Demonstrierenden vom St. Johanns-Park zur Uferstrasse. Auf dem Weg entrollten Aktivist*innen ein Transparent vom Dach der Voltahallte, auf dem „Shift Mode & Scope sind Wegbereiter von Verdrängung und Zerstörung! Holzpark begraben! Rheinhattan versenken!“ zu lesen war. Am Endpunkt angelangt, wurden Kreuze und ein Grabstein auf dem Gelände des geräumten Uferlos hinterlassen und eine Grabrede verlesen. Der motorisierte Verkehr von Mitarbeitenden der Scope und einigen Messe-Besucher*innen wurde während einer Stunde blockiert.

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Neuinszenierung der „Favela-Aktion“ im Keim erstickt

via Tageswoche:

Diese Kunstaktion wollte die Polizei unbedingt verhindern

Mit einem massiven Einsatz stoppte die Basler Polizei [am Freitag, den 20.6.] eine Kunstaktion auf dem Messeplatz. […] Doch was führten die festgenommenen Kunststudenten überhaupt im Schilde?

Die Basler Polizei schien das Schlimmste zu befürchten, jedenfalls standen bereits am frühen Freitagnachmittag zahlreiche weisse Kastenwagen eingereiht in der Nähe des Messeplatzes. Die interne Aufklärung hatte Hinweise erhalten, dass sich am Abend eine Protestaktion auf dem Messeplatz ereignen würde, die an die von der Polizei im vorherigen Jahr brutal aufgelöste Favela-Aktion erinnern würde. Auch die Präsenz der Sicherheitskräfte auf dem Platz selber, wo zu dieser Uhrzeit noch der Messebetrieb der Art Basel in vollem Gang war, nahm mit jeder Stunde zu.

Doch der Hauptfokus der Ordnungshüter lag woanders: auf dem Schulhof der Hochschule für Gestaltung und Kunst an der Vogelsangstrasse. Dort spielten sich eigenartige Szenen ab, glaubt man der Schilderung Involvierter. In einem Gebüsch nahe der Schule entdeckten Studenten eine in jägergrün gekleidete Frau, die mit einer Kamera den Schulhof versteckt filmte. Nebenan stand ein Bartträger mit Rosschwanz und einer Harley-Davidson-Jacke, der das Treiben der angehenden Künstler auffällig unauffällig beobachtete.

Polizei-Choreografie als Vorbild
Die rund 25 Schüler liessen sich derweil nichts anmerken und probten ihre Choreografie, die sie später auf dem Messeplatz aufführen wollten – jene Aktion, welche die Polizei mit massivem Mittelaufwand um jeden Preis verhindern wollte. Die Kunstaktion hatten die Schüler gemeinsam mit Enrique Fontanilles, stellvertretender Direktor der Basler Schule für Gestaltung (SfG), entwickelt und Renatus Zürcher, Lehrer und Spezialist für Kunst im öffentlichen Raum an der SfG. Die Proben fanden in der Freizeit statt, die Aktion war nicht Teil einer Lehrveranstaltung. Eingebracht hatten die Idee zwei Studenten, die mit einer Performance die letztjährige Favela-Räumung künstlerisch verarbeiten wollten. Weil Ereignisse sich in der Kunst weiterentwickeln und weil Kunst wichtige Ereignisse weiterdenken muss.

Die Idee war simpel: Die jungen Künstler wollten sich schwarz gekleidet in einem Raster auf dem Messeplatz aufstellen und dann Linie für Linie vorwärts marschieren. In der Hand würden sie Tortenböden aus Karton halten, die Zürcher vorher in einer Konditorei besorgt hatte. Die Choreografie sollte jenes Bild reproduzieren, das die auf einem Video der TagesWoche festgehaltene Favela-Räumung des Vorjahrs geschaffen hatte. Die kreisrunden Pappteller hätten dabei an die Polizisten in Vogelperspektive erinnert. Die Aktion trug den Titel «Art and Order», Grundlage war eine «visuelle Analyse der strategischen Choreographie der Basler Polizeioperation», wie auf der Webseite des Projekts festgehalten ist.

So weit, so harmlos. Weil man keine eigentliche politische Botschaft transportieren wollte (wenn auch eine implizite), hätte die Aktion stumm vorgetragen werden sollen. Sie hätte, so Zürcher, wahrscheinlich kaum jemanden interessiert: «Wäre die Polizei nicht gewesen – die Sache wäre verpufft.»

Zivilpolizistin im Gebüsch entdeckt
Irgendwann während der Probe scherte Zürcher dann aus der Formation aus und ging auf den Mann in der Harley-Jacke zu. Er sprach ihn an: «Hey, ich kenne auch jemanden im Harley-Club.» Der Mann mit dem Rossschwanz reagierte verduzt: «Ich habe gar keine Harley, ich spaziere hier nur ein bisschen rum.» Als der Zivilipolizist enttarnt war, tauchte gleich der Einsatzleiter der Polizei auf dem Schulhof auf, er warnte Zürcher davor, die Aktion vorzutragen. Eine Ansammlung von Menschen würde nicht geduldet werden, die Polizei habe ein Veranstaltungsverbot erlassen.

Zürcher und Fontanilles fragten ihre Studenten: «Seid ihr euch des Risikos wirklich bewusst, wollen wir das durchziehen?» Die Studenten wollten unbedingt, doch als Vorsichtsmassnahme sollten die ausländischen Studierenden nicht aktiv teilnehmen, damit sie später keine Probleme mit ihren Bewilligungen erhalten würden. Zudem wurde die Choreografie abgeblasen. Die Künstler würden nicht mehr als Gruppe, sondern als Einzelpersonen den Messeplatz betreten und dort die weissen, unbeschrifteten Pappkreise sowie kleine bedruckte Flyer (Sie nennen sie «Hostien») an die Passanten verteilen.

Die Polizei liess auch das nicht zu. Eine Schar Zivilpolizisten deckte jeden Winkel des Messeplatzes ab und gab sofort an den Einsatzleiter durch, wenn eine Person mit dem inkriminierten Pappdeckel oder der «Hostie» in der Hand gesichtet wurde. Gesamthaft 34 Personen führten die Beamten ab und verfrachteten sie zur «Kontrolle der Personalien» in den Stützpunkt Waaghof. Mitgenommen wurden auch Art-Besucher, die die Pappteller oder die Flyer entgegen genommen hatte. In einer Szene führte die Polizei eine Teilnehmerin der Aktion ab, diese legte den Tortenboden zur Seite, ein Art-Besucher nahm den Deckel auf – und wurde auch gleich festgenommen. Auch Personen, die an der letztjährigen Favela-Aktion dabei waren, und deren Gesichter die Polizei noch kannte, wurden in den Waaghof verfrachtet.

Unter den vorübergehend Verhafteten war auch ein deutscher Besucher der Messe, der ein Foto der Polizeiaktion machte. Fontanilles war mit ihm zusammen im Polizeiauto, das sie wegbrachte. Der Mann habe mehrfach betont, er leide unter Klaustrophobie und brauche Medikamente, er habe geschwankt und habe sich sichtbar unwohl gefühlt, sagt Fontanilles. In der Zelle sei der Deutsche dann zusammengebrochen, erst auf mehrmaliges Rufen Fontanilles‘ sei er schliesslich zum Gefängnisarzt gebracht worden. Eine umfassende Stellungnahme zu diesem Fall und anderen Fragen rund um den Polizeieinsatz hat die Behörde für Montag versprochen.

Mehrere Teilnehmer berichten zudem, sie seien weder über ihre Rechte noch über den Grund der Festnahme informiert worden. Auf Nachfrage habe es bloss geheissen, es handle sich um eine Personenkontrolle.

Auch nächstes Jahr wieder
Auch Zürcher landete in der Sammelzelle, obwohl er gar nicht auf dem Messeplatz war. Ihn hielten die beiden Zivilpolizisten (der Harley-Fahrer, der keiner war und die Ermittlerin, die sich im Gebüsch versteckt hatte) noch in der Vogelsangstrasse fest, wo er mit einer grossen Tasche mit vorrätigen Tortenscheiben unterwegs war. In einem Untersuchungsraum der Tiefgarage im Waaghof durchsuchten die Polizisten Zürcher, der sich dafür nackt ausziehen musste. Schliesslich wurden von allen Abgeführten Fotos gemacht vor einem Schild, auf dem «Favela Aktion» stand.

Nach zwei bis drei Stunden in der Sammelzelle wurden alle Festgenommenen dann freigelassen. Weshalb sie festgehalten wurden, erfuhren sie auch dann nicht. Die Tortenscheiben immerhin durften sie wieder mitnehmen, sagt Zürcher und lacht.

«Wir werden es nächstes Jahr wieder versuchen und jedes weitere Jahr, das kommt», kündigt Fontanilles an. Immer am letzten Freitag der Art Basel, immer um 19 Uhr auf dem Messeplatz. Und hoffentlich mit mehr Leuten, von Hunderten träumt der Kunstlehrer. «Bis uns die Polizei lässt», ergänzt Zürcher, «und die Luft draussen ist».

Angriff gegen Immobilien Basel-Stadt

gefunden auf indymedia:

Scherben bei Immobilien Basel-Stadt

Während an der Spontandemonstration gegen den Abriss von Uferlos & Haafescharte bereits der Spiegelhof (Bullenwache), die Staatsanwaltschaft und die LadyBar als Mitverantwortliche angegriffen wurden, haben wir in der Nacht vom 15. Juni 2014 – als solidarische Ergänzung – Immobilien Basel-Stadt (Eigentümerin des geräumten Areals) besucht und für Glasbruch gesorgt.

Jede Räumung hat ihren Preis.

Für einen heissen Sommer!

Solidarität aus Freiburg i.B. und Berlin

gefunden auf indymedia:

100 auf Sponti gegen Wagenplatzräumung in Basel

Am Abend des 3. Juni demonstrierten in Freiburg über 100 Menschen in Solidarität mit der heute früh teilweise geräumten Wagenburg IG Hafenplatz in Basel. Zahlreiche kulturelle Projekte die im Dunstkreis der Basler WagenbewohnerInnen entstanden waren, wurden heute früh vernichtet – in Bildern, die uns an die Räumung von Kommando Rhino auf der Vauban vor zweieinhalb Jahren erinnern. Wir entschlossen uns kurzfristig eine Spontandemo unter der Hand zu mobilisieren, die am Abend lautstark durch die Innenstadt zog.

Am heutigen Abend versammelten sich zahlreiche Linke am Augustinerplatz in Freiburg. FeuerjongleurInnen aus der Wagenszene veranstalteten bei Einbruch der Dunkelheit ein kleines Feuerinferno. Wir solidarisieren uns mit der Sponti mit den Basler WäglerInnen, von denen zahlreiche am Vormittag von der Polizei festgesetzt wurden. Wir wünschen den verletzten GenossInnen gute Besserung!

Gegen 22:30 Uhr formierte sich ein Demozug mit mobilem Sound und einem Beamer, der Bilder der Wagenburgen projizierte. Ein größerer Umzug verlief dann lautstark über Salzstraße, Kajo, Bermudadreieck, Bertoldstraße, Konzerthaus und Blaue Brücke bis zum Stühlingerpark. Dort wurde die recht erfolgreiche und von Action-Samba begleitete unangemeldete Aktion aufgelöst.

Wichtige Infrastruktur unserer Wagen-FreundInnen aus Basel wurden heute morgen Opfer der Gentrification im Hafengebiet der Rheinknie-Metropole. Wir sind stinksauer dass schon wieder mit Gewalt und ohne Weitsicht gegen alternative, experimentelle und Kommerz-kritische Wohnformen und Initiativen vorgegangen wird.

Auch wir protestieren dieser Tage gegen die Vertreibung und Beschlagnahme der Wagen von Sand im Getriebe, sowie gegen das drohende Aus des KuCa in Freiburg. So protestierten heute erneut WäglerInnen vorm Gemeinderat. Bei Sekt und angemessener Kleidung wurden GemeinderätInnen dazu eingeladen, durch einen „Laster“ hindurch zur Sitzung zu gehen. Auf einem Transparent war zu lesen: „Experimentelle Wohnformen begrüßen den Gemeinderat“.

Im Rahmen des Jubiläums des Autonomen Zentrum KTS ist es uns wichtig auch Solidariät zu praktizieren. Es gab eine Radtour zu linken Räumen wie SUSI, G19, Grether und KuCa und in einem Vernetzungstreffen Autonomer Räume aus der Region wurde sich bereits mit dem vergangene Woche in Barcelona geräumten Can Vies solidarisiert.

Am 5. Juni ist eine antifaschistische Gedenkkundgebung in Freiburg geplant. Und jetzt erst recht werden wir am Samstag für mehr Wagenleben demonstrieren und tanzen. Kommt nach Freiburg am Samstag den 7. Juni 2014: You can get it if you really want – Love or Hate Parade 7.0! Autonome Geburtstagspolonaise der KTS für den Ausbau und die Verteidigung autonomer Räume für Kunst und Kultur!

Rückt die Karren raus! Lasst die Leute frei! Rheinhattan fuck off as Green City!
Für viele Wagenplätze in Freiburg, Basel und überall!

 


 

Auch die Brunnenstrasse 6/7 (Berlin) zeigt sich solidarisch:

Wir solidarisieren uns mit der am 3. Juni geräumten “Uferlosen freiheit”, sowie dem Kinderspielplatz und der nachbarschaftlichen Grillstelle an der Uferstrasse in Basel.Wieder einmal mussten selbstbestimmte Freiräume den Kapitalinteressen einer eventorientierten, ausverkauften Stadtpolitik weichen.

Solidarität